Statistische Peinlichkeiten – Visits sind nicht Besucher!

Statistiken sind wirklich mächtige Werkzeuge, um Überzeugungsarbeit in Marketing und Vertrieb durchzuführen. Sie abstrahieren die Realität auf einfache Zahlen oder übersichtliche Charts.

Und da nur wenige realisieren, wie schwierig es ist, eine Statistik richtig zu lesen und zu deuten, werden häufig Schlüsse gezogen, die falsch oder unzulässig sind.

Es gibt zum Beispiel ein allgemeines Problem bei der Erfolgskontrolle von Internet-Seiten, auf denen online keine Transaktionen ausgelöst werden können. Wenn noch dazu die Produkte so komplex sind, dass eine Erläuterung telefonisch hilfreicher ist, kann man nicht mal mehr die abgeschickten Anfrageformulare zählen. 🙁 Wer zum Beispiel englische Limiteds verkauft hat zusätzlich das Problem, dass einige Kunden das Telefonat gerade deshalb schätzen, weil es die Anonymität steigert und im allgemeinen nicht dokumentiert ist.
Informationswebsites können den Werbeerfolg also nicht direkt messen, sondern sind auf Annahmen angewiesen.

Eine solche Prämissenkette könnte lauten:

  • Nimm die Anzahl Deiner Besucher auf Deiner Website.
  • Prämisse 1: 1,5% melden sich - Multipliziere diese Zahl mit 0,015.
  • Prämisse 2: Je 33% melden sich per Online-Formular, direkt per E-Mail oder per Telefon. - Teile Dein Ergebnis auf die Kanäle auf.
  • Prämisse 3: Definiere für jeden Kanal eine Konversionsrate (digitale = 5%, Telefon = 10%) und errechne Deine Käufer.
  • Schritt 4: Multipliziere die durchschnittliche Marge (nicht den Umsatz!) für einen Kunden mit der Anzahl der Konversion und erhalte den Wert Deiner Besucher.

Auf diese Weise kann man Werbeinvestitionen rechtfertigen und intern "trommeln". Was vielen jedoch nicht klar ist und erst langsam klar wird:

Die Anzahl der Visits, die in Log-File-Analysen genannt werden, hat heutzutage gar nichts mehr mit der Anzahl von menschlichen Besuchern zu tun. Und genau diese "zählen" ja bei der obenstehenden Berechnung.

Je nach Größe der Website haben nicht selten Suchmaschinen-Robots und Spider einen Anteil von bis zu 80% an den Seitenabrufen und Visits.

In einer Zeit, in der jeder glaubt, mit einem neuen Suchalgorhythmus, den Google-Erfolg kopieren zu können, muss Ihr Server für Suchmaschinen deutlich mehr schwitzen, als für "echte Besucher".

Wer also laut schreit, wie viel Geld die Besucher auf der Website wert sind, prüfe vorher genau, ob die Berechnung auf der Realität beruht. Denn die Korrektur im Nachgang könnte sehr unangenehm werden. 🙂

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One thought on “Statistische Peinlichkeiten – Visits sind nicht Besucher!”

  1. Und – nebenbei bemerkt – stellt sich immer stärker die Frage, welche Robots überhaupt noch zugelassen werden und welche endgültig ausgeschlossen werden sollten. Das Statistikproblem ist schließlich auch noch ein Kostenproblem, jedenfalls dann, wenn Robots, wie beschrieben, auf 80% der Seitenabrufe, Sessions und damit auch des Traffics kommen.

    Ansonsten lässt sich das Problem mit entsprechender Analysesoftware einigermaßen in den Griff bekommen. Fraglich allerdings wie lange noch, denn ein wachsender Anteil der Robots maskiert sich als normaler User, so dass der Aufwand des Heraus- oder Hereinrechnens permanent steigt: eine Sisyphusarbeit.

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