Empörung: SinnerSchrader verrät die Usability-Abteilung im eigenen ReLaunch

"Ich habe es doch gleich gesagt. Man braucht heute keine eigene Website mehr. Wer vernetzt ist und alle guten Online-Angebote nutzt, kann viel interessantere Sachen kreieren. Die neue Website von SinnerSchrader zeigt das."

So ähnlich kam heute ein Kollege und Geschäftspartner auf mich zu. Nachdem ich 5 Minuten lang auf www.sinnerschrader.de gesurft war, spielte sich etwa folgendes ab:

  • Ich war erstaunt, überrascht und begeistert von der Idee, die eigene Website durch Links zu ersetzen. Zudem zeigt das Konzept, dass SinnerSchrader die vermutlich selbst gepredigte Nutzung der Web 2.0-Plattformen und -Netzwerke selbst beherzigt. Man geht also mit gutem Beispiel voran. Die Botschaft "Creating radical relationships" soll durch die Website verkörpert werden.
  • Schnell stellte sich aber Ärger und Frust ein: "Da gehen alle Erkenntnisse und alles Wissen über gute und gut nutzbare Websites vor die Hunde für eine Kommunikationskampagne." Die Website besteht nämlich überraschenderweise aus lauter Usability-Problemen und stellt damit selbst eines dar.

Kritikpunkte am ReLaunch

Dieser Artikel ist daher eine Kritik, die ich mir einfach nicht verkneifen konnte, an den Kollegen aus Hamburg. Hier sind meine Probleme und Argumente:

  • Externe Links werden nicht als solche gekennzeichnet. Der Benutzer wird durch den Aufruf einer neuen Website verwirrt.
  • Die etablierte Frame-Lösung, die mir ermöglicht wieder zurück auf die SinnerSchrader-Website zu gelangen unterstützte in meiner Testumgebung kein "Browser-zurück", was mich mehrmals zum beim mir standardmäßig eingestellten //SEIBERT/MEDIA-Intranet brachte.
  • Es werden unangekündigt einfach PDF-Dokumente aufgerufen. (Vermutlich wird es als häßlich angesehen, "(PDF, 45KB)" dazu zu schreiben.
  • Das Newsletter-Abo ganz oben wird nicht erklärt. Es fehlt zudem ein Abschicken-Knopf.
  • Will ich heute eigentlich noch einen Newsletter anbieten? Ist das nicht veraltet, wenn ich doch meine "vollumfängliche Web 2.0 - Website" vorstelle? Warum gibt es oben rechts in der URL nicht die Möglichkeit, einen RSS-Feed zu abonnieren?
  • Es gibt keine seiteninterne Suchmaschine. Diese stellt aber eine der wichtigsten Navigationsfunktionen auf Websites dar. Darüber hinaus kann eine Suchmaschine auch gar nicht funktionieren, weil Sie ja über zahlreiche Plattformen hinweg Inhalte indizieren muss.
  • Es gibt keine Möglichkeit, auf die alte Website zu kommen.
  • Beim Überfahren der Links wird das Linkziel in der Statusleiste des Browsers nicht angezeigt.

Mein Fazit:

  • Hoffen wir mal, dass es nur eine Laune beziehungsweise eine Kampagne ist. Denn für ein dauerhaftes Konzept ist es meines Erachtens einfach zu schwach.

In frechem Du stelle ich die Frage:

"Matthias Schrader, wie konntest Du diese Website live schalten lassen? Wer macht bei Euch die Qualitätssicherung?"

Hintergrundinformation: SinnerSchrader ist einer der größten Internet-Agenturen in Deutschland.

Später:
Da ich beim Schreiben des Artikels ohne Web-Zugang war, ist mir nicht aufgefallen, dass es offensichtlich schon zahlreiche andere gab, die den neuen Auftritt kommentiert haben:

ACHTUNG!
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8 thoughts on “Empörung: SinnerSchrader verrät die Usability-Abteilung im eigenen ReLaunch”

  1. “Matthias Schrader, wie konntest Du diese Website live schalten lassen? Wer macht bei Euch die Qualitätssicherung?”

    Guten Abend Martin,

    vielen Dank für Dein Feedback! Deine HL ist ein wenig schief: wir haben keine Usability Abteilung, insofern können wir sie auch nicht verraten 😉 Im Ernst: die Site ist so simpel und die Zielgruppe so randscharf, dass da wohl eigentlich wenig fehl zu bedienen sein dürfte.

    Eine unserer Haupttriebfedern war, das sperrige CMS-Geraffel auf unserer Corporate-Site loszuwerden. Beispielsweise haben unsere Blogs schon lange jeweils einzeln bedeutend mehr Traffic als die sinnerschrader.de — die eigentlich niemand braucht (ausser vielleicht Bewerber und, eher selten, Pitch-Longlist-Ersteller in Unternehmen).

    Dass wir jetzt in den letzten drei Tagen mehr Traffic auf der sinnerschrader.de messen als im kompletten Jahr 2007 zusammen, ist eher ein Unfall. Wir wollten mit dem Relaunch nur unser neues CD auch in Form einer kleinen und charmanten Site umsetzen…

  2. Hallo Matthias!

    Danke für die schnelle Antwort. Ich hatte mir schon gedacht, dass das eher eine schnelle Lösung war …

    Aber Ihr würdet Euch selbst einen Gefallen tun, wenn Ihr die kleinen Usability-Bugs rauswerft. Das Problem, dass Corporate Websites von Agenturen langweilig und unnütz sind, kenne ich. Ich hatte überlegt, ob ich im “Glashaus” mit unserer alten Website von 2002 überhaupt mit Steinen werfen darf: hab’s einfach gemacht.

    In dem Screenshot stehen ja ein paar Tipps, die man leicht ausbügeln kann.

    Apropos CMS: Ich habe 20 Minuten gebraucht, damit der überhaupt verlinkt ist. Und im IE wird er nur nach einem ewig langen Umbruch angezeigt. Danke WordPress! 🙂

    Ansonsten: Es ehrt mich, eine persönliche Antwort erhalten zu haben.

    Ciao
    Martin

  3. Hi Martin,

    wir werden die kommenden Tage sicherlich noch das eine oder andere optimieren — ansonsten gilt die alte Dienstleisterhaltung: Kunden haben Priorität und für die eigenen Themen hat man nie Zeit… Danke für die Hinweise!

    Gruss,
    -mattes.

  4. Einige Punkte sind völlig richtig, die Sie ansprechen, aber manche sind auch völliger Blödsinn:

    1. Warum sollte man externe Links extra kennzeichnen? Vor allem, wenn alle Links extern sind? Und was für einen Zusatznutzen hat ein Besucher, wenn da lauter Pfeile hinter jedem Link sind?
    2. Warum soll ich keinen Newsletter anbieten? 90 Prozent meiner Nutzer verstehen nix von RSS-Feed, selbst wenn ich der hippste Web-2.0-Anbieter bin. Also ohne Newsletter geht’s nicht.
    3. Was für einen Sinn hätte eine seiteninterne Suchmaschine, wenn es nur eine einzige Seite gibt? Die kann man auch mit Firefox durchsuchen – und Xing, Flickr, etc. durchsucht wohl keine “seiteninterne” Suchmaschine, auch nicht Ihre.
    4. “Es gibt keine Möglichkeit, auf die alte Website zu kommen.” Ja, und? Auf welcher Website gibt’s denn bitte einen Button “zurück zur alten Version dieser Website?” Was hat das denn für einen Sinn? Benutzen Sie das Internet Archive oder ähnliche Angebote. So ein Blödsinn.

  5. Es scheint aus dem Wald herauszuschallen, wie man hereingerufen hat. 🙁

    Zu den Punkten:

    Zu 1) Man kann Ihrer Meinung sein und Sie befinden sich damit in guter Gesellschaft. Siehe http://www.useit.com/alertbox/20050103.html unter “typed links”. Ich bin es nicht und Wikipedia zeigt, wie man externe Links sinnvoll kennzeichnen kann. Da sinnerschrader.de aus sehr vielen davon besteht, ist es hier besonders sinnvoll.

    Zu 2) Das SinnerSchrader-Modell hat den “creating radical relationships” vor alles andere gestellt. Daher hätte der Hinweis auf den Newsletter als ein “altes” Element meines Erachtens nach unten gehört. Oben hätte ich den RSS-Feed erwartet.

    Zu 3) Da sind wir uns einig. Hatte ich oben auch so geschrieben. Es handelt sich natürlich trotzdem um einen Nachteil, den man mit der Struktur der Website in Kauf genommen hat.

    Zu 4) Sie stellen Ihre Meinung dar, die nachvollziehbar ist. Bei vielen Portalen ist es üblich, dass man alte Versionen noch länger unterstützt, damit die User Zeit haben, um umzusteigen und nicht müssen.

  6. zu 3:

    Es ist kein Nachteil, den man mit der Website in Kauf genommen hat, sondern ein Vorteil, keine Suchmaschine zu benötigen – denn man hat nur eine Seite! Ich verstehe Ihre Argumentation in dem Punkt nicht. Wozu eine Suchmaschine, wenn alles übersichtlich auf einer Seite zusammengefasst ist und so auf das Wesentliche reduziert ist, dass man gar keine benötigt? Um das ganze Web nach etwas abzusuchen gibt es Google.

  7. Gut. Ich gebe mich geschlagen. Es wird wohl nicht zu einem User-Test kommen, in dem man herausfindet, ob irgendwer gerne in einer Suche “EBITDA” eingeben will. Ich räume ein, dass die Suche hier weniger wichtig als bei http://www.siemens.de ist und ggf. auch ganz weg gelassen werden kann. 🙂

  8. Es ist der ewige Streit zwischen der Originalität der Idee und des Designs und den platten und schnöden Anforderungen, die der User an die Website stellt. Ich bleibe dabei. Usability-technisch ist die SinnerSchrader-Website nach meinem beschränkten Kenntnisstand eine Katastrophe.

    Die Idee mag so gut sein, dass ich Sie nicht mal zu verstehen begonnen habe. Aber ich bin ja nur ein doofer User. Wie 99% der SinnerSchrader-Kunden auch.

    Mich würde mal interessieren, wie sich die Anzahl der Anfragen bei S2 verändert hat, seit es die Website gibt. Ob es schon Anfragen für Corporate-MashUp-Websites oder Linklisten gibt?

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