Experten-Interview: Was machen Web-Designer eigentlich genau? (Teil 1)

Die Rolle von Designern in Web-Projekten ist im Grunde klar: Sie erstellen Layouts. Doch wie entstehen diese und welche Arbeiten sind auf dem Weg zu einem Prototypen notwendig? Was steckt hinter Begriffen wie Vermaßung? Und warum sind spät vorgetragene Änderungswünsche mitunter ziemlich problematisch? Also: Was machen Designer eigentlich genau? Ein zweiteiliges Interview mit Marion Fiedler, Art Director bei //SEIBERT/MEDIA/DESIGN.

Marion, was Web-Designer machen, ist klar: Layouts erstellen.

Klar, das machen wir natürlich. Aber bis dahin ist viel zu tun und auch darüber hinaus.

Lass uns also mal in einem Web-Projekt ganz von vorn anfangen und dieses aus Design-Perspektive nachvollziehen. Der Kunde bekommt am Anfang zunächst einen mehrseitigen sogenannten Design-Fragebogen. Darin werden Fragen gestellt wie: Ist meine Kundschaft eher extrovertiert oder introvertiert? Wie alt sind die Zielgruppen? Und so weiter. Und der eine oder andere Kunde fragt sich nun womöglich: Wozu denn das?

Für einen Designer ist es sehr wichtig, etwas über die Werte des Kunden zu erfahren, seine Eigenschaften zu kennen usw. Das wirkt sich auf die ganze Gestaltung aus. Also muss man den Kunden kennenlernen und erfahren, wie er ist, wie er sich nach außen hin zeigen möchte, was ihm wichtig ist, welche Werte er vermitteln will. Das ist kein Selbstzweck, sondern die Voraussetzung für ein Design, das individuell ist und dem Kunden hilft, seine Ziele im Web zu erreichen.

Das wiederum kann man nur feststellen, wenn man direkt mit dem Kunden spricht oder ihm zur Vereinfachung eben einen Design-Fragebogen schickt. Darin wird zum Beispiel nach Zielgruppen gefragt: Wen möchte das Unternehmen ansprechen? Was will es nach außen transportieren? Oder: Wie ist das Unternehmen selbst aufgebaut und strukturiert? Wenn wir das wissen, wenn wir einschätzen können, wer und wie dieses Unternehmen ist, können wir die Anforderungen definieren, die für eine individuelle Gestaltung wichtig sind.

Wie konkret müssen oder sollten denn die Vorstellungen sein, die der Kunde in ein Projekt mitbringt?

Das ist ganz unterschiedlich. Oft hat der Kunde ja bereits einen Web-Auftritt, er hat auch ein Image, eine Identität. Es geht dann vor allem darum, etwas zu verbessern, die vorhandene Basis zu nehmen und auf dieser Grundlage weiterzuarbeiten. Das ist natürlich weniger Aufwand, als wenn wir etwas ganz Neues entwickeln.

Wenn unser Kunde aber sagt: Ich habe eigentlich noch nichts im Web und nun möchte ich eine richtig schöne, tolle Website … Jaaa, dann müssen wir fragen: Was heißt denn schön, was heißt denn toll für Sie? Und für Ihre Kunden? Was möchten Sie denn mit der Website vor allem erreichen? Das müssen wir herausarbeiten. Und das können wir uns nicht einfach ausdenken, sondern müssen es im Gespräch mit dem Kunden klären. Dabei ist auch der Design-Fragebogen sehr hilfreich.

Es kommt sicher auch vor, dass der Kunde trotzdem gar keine rechte Vorstellung hat …

Dann kann man es mit ihm gemeinsam erarbeiten. Wenn er noch überhaupt nicht weiß, in welche Richtung es gehen soll, ist zum Beispiel ein Workshop sinnvoll. Im Workshop zeigen wir dem Kunden Beispiele, wir sprechen mit ihm durch, welche Richtungen es überhaupt gibt und was möglich ist. Und wir können ihm natürlich sagen, was unserer Meinung nach sinnvoll wäre. Zusammenarbeit ist dabei sehr wichtig, und wenn man sich so intensiv austauscht, kristallisiert sich auch die Richtung heraus, in die es gehen soll.

Ihr habt also gemeinsam eine Richtung und die Anforderungen definiert. Wie geht’s weiter?

Wir entwickeln Prototypen in verschiedenen Stilen, die auf dem Fragebogen und den Gesprächen basieren. Das sind rohe Entwürfe, die zu dem passen, was wir gemeinsam herausgearbeitet haben, aber sie tendieren eben in etwas unterschiedliche Richtungen. Der eine Vorschlag ist vielleicht ein bisschen mutiger, ein bisschen innovativer, der andere eher klassisch und konventionell. Zwischen diesen prototypischen Layouts entscheidet der Kunde sich dann.

Zudem gestalten wir auch Unterseiten, die Website soll ja durchgängig hochwertig sein. Es wird problematisch, wenn nur die Startseite toll ist und man keine Gedanken an Details verschwendet – auf den Unterseiten wird es dann schnell chaotisch und inkonsistent. Hier muss es eine einheitliche Linie geben. Erst wenn auch die Unterseiten freigegeben sind, gehen die Layouts an die Programmierung.

Und was bekommt der Kunde zur Freigabe in die Hand? Hier ist der Preview-Link, schau'n Sie mal?

Der Kunde bekommt von uns standardmäßig eine ausführliche PowerPoint-Präsentation. In der erklären wir alles ganz genau: das Raster, das verwendet wird, die einzelnen Gestaltungselemente, die wir integriert haben, das Bildkonzept, das Navigationsverhalten, das Typographiekonzept, Farben.

Dazu kommen gegebenenfalls Specials wie Animationen, integrierte Videos usw. oder Effekte wie beispielsweise ein Web-Karussell – Elemente, die die Website benutzerfreundlicher oder auch innovativer machen sollen. Nachdem wir diesen Aufbau schrittweise erklärt haben, stellen wir die kompletten Layouts vor, in denen alle Elemente vereint sind. Wir erklären dem Kunden also, warum wir was wie machen, welchen Sinn und welche Funktion jedes Element im Gesamtkontext hat.

Im zweiten Teil des Interviews erklärt Marion Fielder, was nötig ist, um Layouts für die Programmierung aufzubereiten, was Vermaßung und Programmierbetreuung bedeuten und warum Bedarfsänderungen manchmal ganz einfach umzusetzen sind, manchmal aber auch gehörigen Zusatzaufwand erfordern.

Weitere Informationen:
Einen Designer besser verstehen: So denkt und arbeitet er
Einen Designer besser verstehen: Seine Illusionen und seine Realität
Acht Vorurteile gegenüber Design und Designern


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