Das Widerrufsrecht für Verbraucher hat Online-Händlern in den letzten Jahren viel Kopfzerbrechen bereitet. Die im Jahr 2002 vom Bundesjustizministerium eingeführte Muster-Widerrufsbelehrung wurde in juristischen Fachkreisen kritisiert und bot leider unliebsamen Konkurrenten vielfach Gelegenheit zur Abmahnung. Das Ziel der Muster-Widerrufsbelehrung, nämlich den Online-Händlern etwas an die Hand zu geben, um ordnungsgemäß belehren zu können, war dadurch konterkariert. Vielmehr konnten sich Online-Händler (insbesondere solche bei eBay) selbst bei wortgetreuer Übernahme des Musters nicht in Sicherheit wähnen.
Eine erste Korrektur des Musters als Reaktion auf die Kritik wurde im Jahr 2008 verabschiedet. Weitere begrüßenswerte Änderungen sind zum 11.06.2010 in Kraft getreten.
Änderungen seit dem 11.06.2010
Im Wesentlichen werden die bisherigen Regelungen beibehalten, sie werden jedoch künftig den Rang eines Gesetzes haben (Art. 246 EGBGB). Dadurch entfallen nun diejenigen rechtlichen Angriffsflächen, die die Rechtsprechung darauf stützte, dass die Muster-Belehrungen bislang lediglich Verordnungscharakter hatten.
Künftig werden außerdem gewerbliche eBay-Händler und klassische Online-Shops gleichbehandelt. Das Problem der eBay-Händler bestand darin, dass die Widerrufsbelehrung in Textform wegen des abweichenden Prozesses beim Vertragsschluss nicht wie in gewöhnlichen Online-Shops „bei“, sondern erst „nach“ Vertragsschluss erfolgen kann. Daher betrug bei eBay die Widerrufsfrist einen Monat statt zwei Wochen. Wurde vorvertraglich auf die zweiwöchige Frist hingewiesen, beging der eBay-Händler einen abmahnfähigen Verstoß. Die Änderung sieht nun vor, dass auf die Widerrufsfrist auch „unverzüglich nach“ dem Vertragsschluss in Textform hingewiesen werden kann, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß belehrt wird (§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB n. F.).
Weiterhin Zündstoff vorhanden
Doch damit kann das Kapitel Widerrufsbelehrung noch nicht ganz geschlossen werden. Die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Messner“ hat dem nationalen Gesetzgeber Anpassungsbedarf hinsichtlich der Regelung zur Wertersatzpflicht des Verbrauchers bei Ausübung des Widerrufs aufgezeigt.
Zwischenzeitlich liegt ein Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums zur Änderung der entsprechenden Vorschriften vor. Literaturstimmen gehen davon aus, dass wegen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens mit Abmahnungen an diesem Punkt nicht gerechnet werden muss, wenn das seit 11.06.2010 geltende Muster verwendet wird. Wir werden Sie hinsichtlich des Gesetzgebungsverfahrens auf dem Laufenden halten.
Unternehmern, deren Online-Shops sich an Verbraucher richten, ist zu empfehlen, die neue Muster-Widerrufsbelehrung bzw. -rückgabebelehrung pünktlich zum Inkrafttreten der Regelungen einzusetzen. Sie sind nun in den Anlagen 1 und 2 zu Art. 246 § 2 Abs. 3 S. 1 EGBGB zu finden.
Drohendes Ungemach bei früheren Verstößen
Ein zweiter, sehr wichtiger und finanziell nicht zu unterschätzender Punkt betrifft diejenigen Händler, die früher bereits abgemahnt wurden und eine entsprechende Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben haben. Hat sich etwa ein eBay-Händler darin dazu verpflichtet, künftig nur noch über die einmonatige Widerrufsfrist zu belehren, kann ihm Ungemach drohen, wenn er einfach das neue Muster verwendet, das eine Belehrung über 14 Tage vorsieht. Die Gegenseite könnte sich auf den Standpunkt stellen, die in der Unterlassungsverpflichtungserklärung enthaltene Vertragsstrafe sei damit verwirkt.
Wer nicht tief in die Portokasse greifen möchte, sollte daher unbedingt anwaltlich prüfen lassen, wie die alten Unterlassungsverpflichtungserklärungen aus der Welt zu schaffen sind. Hier wird es stark auf den jeweiligen Einzelfall ankommen.
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