Wer ist im UX-Team?

Wenn wir mit Führungskräften über den Ausbau ihrer User-Experience-Teams sprechen, lautet die erste Frage stets: "Wer sollte zum Team gehören?" Um diese Frage zu beantworten, haben wir zwei Arten von UX-Teams untersucht: solche, die sehr erfolgreich darin sind, tolle Anwendungen auszuliefern, und solche, die damit noch zu kämpfen haben. Wir wollten herausfinden, worin sich die Herangehensweisen dieser Teams unterscheiden.

Ein erweitertes Team einbeziehen

Der erste große Unterschied zwischen einem erfolgreichen und einem weniger erfolgreichen UX-Team besteht darin, wer dazu gehört. Als wir die weniger erfolgreichen Teams danach fragten, nannten die Teammitglieder ausschließlich die anderen Usability- und Design-Fachleute, mit denen sie direkt zusammenarbeiteten.

Die Mitglieder der erfolgreichen Teams rekrutieren sich aus einem deutlich weiteren Kreis. Zu ihnen gehören auch Leute, die normalerweise nicht direkt in konzeptionelle und Design-Prozesse eingebunden sind: Entwickler, Produktmanager, Leute aus der Qualitätssicherung und dem Support, sogar Manager und Geschäftsführer.

Während die weniger erfolgreichen Teams sich nur auf ein Kernteam beschränken, das aus Leuten besteht, die ständig mit Usability, Design und Nutzerforschung zu tun haben, integrieren die erfolgreichen Teams eine größere, erweiterte Gruppe, zu der alle Personen gehören, die Entscheidungen treffen, die sich – in welcher Form auch immer – auf das Endergebnis und damit auf das Nutzererlebnis auswirken.

Beispielsweise gehörte zu einem Team, das wir kennengelernt haben, der Rechtsanwalt des Unternehmens. Der Jurist war fest integriert, saß mit in den verschiedenen Meetings und war in Projektmanagement-Foren im Web aktiv. Als es dann soweit war, die Entwicklung im Hinblick auf bestimmte rechtliche Bestimmungen anzupassen, kannte der Anwalt die zugrundeliegende Philosophie und die Entwicklungsziele bereits und konnte sich darauf einstellen. Das Team wiederum versuchte, auch die Ziele des Rechtsanwalts zu verstehen, und arbeitete kooperativ, um das beste Ergebnis zu erzielen und gleichzeitig die rechtlichen Interessen des Unternehmens zu schützen.

Das erweiterte Ein-Mann-UX-Team

Bei unseren Recherchen stießen wir auf eine besonders interessantere Erkenntnis, als wir uns mit den Ein-Mann-UX-Teams beschäftigten, Einzelpersonen, die die einzigen Usability-Profis in ihren Unternehmen sind. Eigentlich hatten wir erwartet, dass diese Einzelpersonen andere Strategien als die größeren Teams verfolgen würden.

Stattdessen fanden wir jedoch heraus, dass erfolgreiche One-Man-Teams ebenfalls viele vermeintlich außenstehende Personen integrieren, um ihre Arbeit zu erledigen. Ihnen ist klar, dass sie nicht jede Entscheidung auf dem Weg zu einem tollen Ergebnis kontrollieren können. Um trotzdem das bestmögliche Resultat zu erzielen, müssen sie Entscheidern die richtigen Informationen an die Hand geben, damit diese auch kluge Entscheidungen treffen.

Schwerpunkt auf Skills und Information

Wenn wir Team-Manager von weniger erfolgreichen Teams fragen, wer zum Team gehört, erhalten wir immer Antworten wie diese:

Wir haben zwei Experten für Informationsarchitekturen, einen Interaktions-Designer und einen Fachmann für Nutzerforschung.

Ihre Antworten beschränken sich fast immer auf die Rollen der Teammitglieder. Die erfolgreichen Team-Manager beschreiben ihr Team selten mithilfe von Rollen, sondern sprechen über die Fähigkeiten, die das Team verkörpert:

Unser Team kümmert sich um das Interaktions-Design, die Informationsarchitektur und die Nutzerforschung für das Produkt.

Dies ist ein subtiler, aber wichtiger Unterschied. Wir haben herausgefunden, dass die Teams, die weniger auf die individuellen als vielmehr auf die Teamfähigkeiten schauen, bessere Ergebnisse erzielen, weil sie flexibler sind.

Auch hinsichtlich der Ausbildung und Verbesserung der Skills haben wir Unterschiede festgestellt. Teams, die nicht auf Rollen fokussiert sind, haben bessere Programme entwickelt (ad-hoc und formal), um die Fähigkeiten des ganzen Team zu fördern und zu verbessern. Sie verfügen über Mechanismen, mit deren Hilfe sie herausfinden können, für wen welches Training hilfreich ist. Sie beraten die Teammitglieder aktiv und schicken ihre Leute zu Workshops, Konferenzen, Online-Seminaren und anderen Maßnahmen.

Diese positive Einstellung zur Weiterbildung erstreckt sich über das Kernteam hinaus. Wir beobachten eine Kultur des Lernens mithilfe einfacher, kostengünstiger Techniken wie Brown-Bag-Sitzungen, Buchdiskussionen und Gruppen-Webinaren, in die das gesamte Team einbezogen wird. Man entwickelt ein gemeinsames Vokabular und ein gemeinsames Verständnis davon, was Nutzerfreundlichkeit ausmacht und wie man immer besser werden kann.

Der gleiche Ort ist der Schlüssel

Ein überraschendes Ergebnis ihm Rahmen unserer – natürlich begrenzten – Recherche bestand darin, dass die Mitglieder fast jedes erfolgreichen Teams an einem Standort arbeiten. Unter den sich abmühenden, weniger erfolgreichen Teams fanden wir dagegen sehr viele verteilte Teams.

Teams, die an verschiedenen Standorten arbeiten, haben im Entwicklungsprozess mit mehr Komplikationen zu tun als Teams, die an einem Ort sind. Wenn sich die Leute im gleichen Raum befinden, hat ihr Kommunikationspfad eine höhere Bandbreite, die zu einer besseren und schnelleren Konversation führt. Es ist einfacher, Post-its an die Wand zu kleben, Skizzen zu teilen und Ideen zu besprechen, wenn man nur ein paar Meter voneinander entfernt sitzt. All das zeitversetzt über elektronische Kanäle zu tun, ist schwierig, wenn nicht gar unmöglich.

Die Entwicklung großartiger Produkte ist schon so schwer genug, auch ohne die zusätzlichen Komplikationen, die durch die Arbeit in verteilten Teams entstehen. Mentorenkonzepte, interdisziplinäre Trainings und die anderen Aspekte, die das Wachstum und die Reifung eines erfolgreichen Teams offenbar fördern, lassen sich in verteilten Teams viel schwieriger verwirklichen.

Die wenigen erfolgreichen Remote-Teams, die wir getroffen haben, waren von Anfang an verteilt, jeder arbeitete von jeher an einem anderen Ort. Gemischte Teams, bei denen nur einige Teammitglieder am selben Ort zusammenarbeiten, müssen aufpassen: Diskussionen und Aktivitäten, an denen die externen Teammitglieder nicht beteiligt sind, bergen die Gefahr, diese noch mehr zu distanzieren.

Es ist auch verteilten Teams möglich, erfolgreich zu sein, aber wie es aussieht, geschieht das nicht von selbst. Die Pflege der Team-Dynamik erfordert besondere Aufmerksamkeit. Die wenigen erfolgreichen Remote-Teams, auf die wir gestoßen sind, organisieren mehrmals im Jahr regelmäßige, fest geplante Meetings mit allen Beteiligten. Sie nutzen diese Gelegenheiten für Gruppentrainigs und intensive Diskussionen.

Wer ist in Ihrem UX-Team?

Wir sprechen oft darüber, unsere Teams "wachsen zu lassen", wobei wir eine Metapher aus der Biologie verwenden. Was wir im Rahmen unserer Forschung herausgefunden haben, ist jedoch nicht weit von diesem Ansatz entfernt. Diejenigen, die zu den erfolgreichen Teams gehören, scheinen sich sorgfältig um jedes Teammitglied zu kümmern.

Was wir daraus lernen, ist einfach: Werfen Sie einen Blick über Ihr Kernteam hinaus auf all die Leute, die ein Produkt beeinflussen, etablieren Sie eine Lernkultur, in der alle Beteiligten neue Fähigkeiten erwerben können, und richten Sie den Fokus auf breitbandige Diskussionen über jedes Inkrement sowie über die Nutzer und ihre Ziele. Das alles erscheint einleuchtend, aber wir waren erstaunt, wie viele Teams es nicht umsetzen.

Dieser Artikel wurde im Original am 2. Juni 2011 unter dem Titel Who Is in the UX Team? von Jared M. Spool veröffentlicht. Jared M. Spool gehört zu den führenden Usability-Experten unserer Zeit. Seine Website erreichen Sie unter http://www.uie.com. Weitere Artikel von Jared M. Spool finden Sie im Usability-Special von //SEIBERT/MEDIA.

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