Software Trials: Fehlervermeidung bei kostenlosen Testphasen

Kürzlich wurde mir die interessante Frage gestellt, warum das Call-to-Action-Element "Jetzt registrieren" statt "Jetzt kaufen" heißen sollte. Wenn Sie ein Problem haben und die Lösung zum Interessenten passt - wieso nicht gleich bezahlen lassen?

Zunächst gibt es einen großen Unterschied zwischen dem bloßen Demonstrieren eines Produktes und seiner tatsächlichen Nutzung. Denn Nutzer erwarten heute eine kostenlose Evaluations- und Testphase, bevor sie sich tatsächlich für ein Produkt entscheiden. Doch noch wichtiger ist, dass man ein nachhaltiges Geschäftsverhältnis nur auf Basis eines anhaltenden Mehrwerts für den Kunden erreichen kann, und das braucht Zeit.

Die indikativste (und universelle) Methode, etwas zu erschaffen, das die Leute wollen, ist die langfristige Bindung.

Und hier kommt es auf die Testphase an. Bis hierhin haben Sie nur Versprechen gemacht und einige Kunden haben ihnen die sogar schon abgekauft. Glückwunsch! Doch jetzt muss auch geliefert werden. Leichter gesagt als getan. Nicht etwa, weil Ihr Minimum Viable Product noch nicht perfekt ist; nein, schon die Kunden dazu zu bringen, das MVP zu entdecken, kann Herausforderungen mit sich bringen, die mit dem Kernprodukt gar nichts zu tun haben.

Über die Nöte, ein Produkt überhaupt installiert zu bekommen, habe ich schon geschrieben. Die technischen Aspekte außen vor gelassen, mussten wir uns mit etlichen nicht gerade offensichtlichen Usability-Fragen auseinandersetzen, die damals die Markteinführung gefährdeten – beispielsweise ein furchteinflößender Installer ohne Signatur oder der fehlende Auto-Start des Produkts nach der Installation. Die echte Herausforderung bestand jedoch darin, dass die User solche Fehler und Ungereimtheiten einfach nicht meldeten, obwohl sie zum Teil drei verschiedene Optionen zur Kontaktaufnahme hatten. Die Anwendung wurde dann schlicht aufgegeben und weg war der Interessent. Letztlich blieb an uns als Anbieter hängen, herauszufinden, was schief gelaufen war.

Quantitative Metriken geben zwar Informationen darüber, was passiert ist, sie können aber das Warum nicht erklären. Daher braucht man die Möglichkeit, mit dem Kunden zu sprechen, sich das Problem selbst anzuschauen oder zumindest mehr Daten zu sammeln.

Hier sind ein paar Techniken, die wir nutzen, um unsere Trials in den Griff zu bekommen.

Bereit für Trials werden

Die richtige Dauer der Testphase
Die Länge der Testphase sollte möglichst ausbalanciert sein, damit der Anwender einerseits das Produkt ausführlich kennenlernen kann und andererseits noch den Kauf der Software in Erwägung zieht. Das ist natürlich produktabhängig, allerdings scheinen 14 bis 30 Tage in der Regel passende Zeitfenster zu sein.

Manuel Rosso, CEO von Food on the Table, machte auf dem letzten Austin Lean Startup Meetup dazu folgende Bemerkung:

“Wenn du einen Kunden nicht in einem 20-minütigen Verkaufsgespräch überzeugen kannst, hast du mit einer Landing-Page erst recht keine Chance.”

Ich denke ähnlich über Testphasen. Wenn ein Kunde nach zwei Wochen nicht überzeugt ist, wird er auch nach nach einer längeren Probezeit nichts kaufen. Doch das heißt nicht, dass wir den Kunden so einfach aufgeben. Mehr dazu später.

Freemium ist, wenn man es richtig macht, eine Variation der klassischen Testphase. Obwohl es keine zeitliche Begrenzung im eigentlichen Sinne gibt, sorgt das Bedürfnis der User nach zusätzlichen Features und/oder Benutzerkonten dafür, dass Freemium effektiv doch zeitbasiert ist. Viele Freemium-Produkte tappen indes in die Falle, dieses Zeitfenster zu groß bis hin zu "kostenlos für immer" zu machen - das andere Extrem.

Opt-in-Newsletter
Unser Newsletter-Verteiler ist aktuell größer als unser aktiver Kundenbestand. Das bedeutet, dass sich einige User nach der Testphase dazu entschieden haben, weiterhin Informationen von uns zu bekommen. Das ist eine großartige Möglichkeit, sie bei der Stange zu halten. Wir stellen eine ziemlich rege Aktivitäten fest, wenn wir einen Newsletter rausschicken. So konnten wir ehemalige Testnutzer zurück zum Produkt holen und über den Link "Einem Freund empfehlen" außerdem Weiterleitungen generieren. Vor allem der letzte Aspekt ist sehr interessant. Ich weiß, dass ich durch diesen Blog-Artikel einige Testnutzer bekomme, die nicht wirklich zur Zielgruppe unserer Produkte gehören. Aber ihre Weiterleitungen an andere Leute, die wir tatsächlich adressieren, sind hilfreich.

Kostenlose Telefonnummer besorgen
Die beste Art zu zeigen, dass Sie es mit dem Zuhören wirklich ernst nehmen, ist eine kostenlose Telefonnummer. Die Angst davor, von Anrufen überflutet zu werden, ist zumeist maßlos übertrieben. Unsere eigene 1-800-Nummer läuft auf mein Telefon. Die meisten User rufen nicht an, wenn es Probleme gibt. Der Großteil der Anfragen, die tatsächlich reinkommen, bezieht sich auf Dinge vor dem Software-Kauf. Das ist eine tolle Gelegenheit für improvisiertes Customer Development und den Aufbau einer Beziehung zu dem Interessenten. Ich empfehle dringend, dass der Firmengründer die Anrufe entgegennimmt (zumindest bis zu dem Punkt, an dem es nicht mehr skalierbar ist). So habe ich ein paar meiner lautstärksten Kunden kennengelernt.

Aktivierungshemmungen abbauen

Sie erst zum Trial bringen, später schulen
Wenn es darum geht, die Landing-Pages voranzubringen, habe ich festgestellt, dass weniger mehr ist. Für CloudFire haben wir mit A/B-Tests einige Variationen von der vollen Ladung Demo-Videos bis hin zu illustrierten Benefit-Listen getestet.

Die Version mit den bislang meisten Konversionen ist die mit den wenigsten Informationen:

Cloud Fire Landing Page
Auch das ist zwar produktabhängig, aber dieser Fall machte deutlich, dass der Versuch, den Nutzern zu zeigen, inwiefern unserer Produkt anders als andere funktioniert, vergebliche Liebesmüh ist. Den Leuten zu erzählen, dass sie ihre Fotos und Videos sofort und ohne Upload teilen können, führte zu einer dieser beider Reaktionen: Sie waren entweder verwirrt oder glaubten uns nicht. Wir haben uns dann dazu entschieden, uns eher auf einen "Finished-Story-Vorteil" zu fokussieren und die Nutzer dazu zu ermutigen, die Vorteile des Produkts selbst zu entdecken.

Hier ist eine Kundenrückmeldung, die wir kürzlich bekommen haben:

"Ich brauchte erst mal einen Moment und musste mich hinsetzen, so erstaunt war ich, wie einfach es ist, Fotos hochzuladen. Wie mühelos ich durch Fotos/Ordner gehen, Fotos anklicken und Duplikate kennzeichnen konnte, das war wie Magie!"

Sie redet zwar immer noch von Hochladen, aber das macht mir inzwischen nichts mehr aus.

Zuerst Nutzen bieten, später nach Bezahlung fragen
Eine weit verbreitete Taktik zur Sekung von Starthürden ist die, Zahlungsinformationen erst nach der Evaluationsphase einzuholen. Potenzielle Kunden dazu zu bringen, ihre Kreditkarte zu zücken, ist der kniffeligste Teil des Signup-Prozesses. Am Anfang genießen Sie nur wenig Glaubwürdigkeit und Vertrauen, der Kunde geht von einem hohen Risiko aus. Es ist schon herausfordernd genug, ihn zur Investition seiner Aufmerksamkeit zu bewegen.

Die Testphase managen

Kontaktinformationen frühzeitig einholen
Unsere Aktivierungsmetriken zeigten, dass wir zwischen dem Download und der Installation einige User verloren, aber wir hatten keine Informationen darüber, wer diese Leute waren und was schief gelaufen ist. Also zogen wir den Registrierungsschritt vor und setzten ihn vor den Download. Dies hatte übrigens keine Auswirkungen auf die Gesamt-Conversions. Jetzt haben wir die Möglichkeit, eine fehlgeschlagene Installation einer E-Mail-Adresse zuzuordnen, und können entsprechend Hilfe anbieten.

Dezente E-Mail-Erinnerungen
Nutzer sind beschäftigt und werden während der Testphase häufig abgelenkt. Dezente Erinnerungen helfen dabei, sie zurück zum Produkt zu holen. Wir hatten schon Fälle, in denen User während des Downloads unterbrochen wurden und unsere Anwendung dann vergaßen, bis sie am nächsten Tag eine E-Mail von uns sahen. Der Schlüssel zum Erfolg ist hier, das Verhältnis zwischen Signalstärke und Rauschen möglichst gut einzupendeln. Einen Aspekt der Anwendung hervorzuheben, für den der User sich interessieren könnte, ist weitaus sinnvoller als ein aufdringliches "Wir haben gemerkt, dass Sie unsere Software zuletzt nicht mehr genutzt haben".

Feedback einfach ermöglichen
Links zu GetSatisfaction und UserVoice sind sinnvoll, wurden von unseren frühen Trial-Usern aber nicht besonders intensiv genutzt. Es ist wesentlich ergiebiger, sie mit an strategischen Punkten innerhalb der Software platzierten Multiple-Choice-Fragen zu Feedback aufzufordern, ohne dabei den Workflow zu stören. Eine Idee von Jason Cohen (A Smart Bear), die ich bisher noch nicht ausprobiert habe, ist die, den User am Ende seiner ersten Sitzung zu fragen: “Und, was denken Sie?”

Unerwartete Fehler aufspüren und berichten
Anwender mit Problemen werden nicht zu Testern. Sie gehen einfach. Um dennoch aus ihren Erfahrungen zu lernen, mussten wir Code programmieren, der unerwartete Fehler entdeckt und an uns berichtet.

Die Mutter aller Dashboards erschaffen
Dies ist das zentrale Nervensystem, mit dem wir Trials managen. Hier haben wir alle Tools vom Google Website Optimizer über Subscription-Management-Software bis hin zum Server-Monitoring in einer Web-Applikation aggregiert. Dies sorgt dafür, dass jeder im Unternehmen im Bilde bleibt.

Dashboard Verwaltung

Speziell für Trials haben wir einen spezifischen Report, der uns die neuen Nutzer der letzten 30 Tage anzeigt. Hier sehen wir sofort, an welchem Punkt der Evaluationsphase sich die Leute befinden und wie weit sie schon im Tunnel sind. Wir können auch in ihren Accounts nachsehen und haben dort Systeminformationen und Diagnosewerkzeuge auf Anwendungsebene, was unschätzbar wertvoll für die Reproduktion von Problemen ist. Der Kontakt zu einem Trial-Nutzer (per E-Mail) ist nur einen Klick entfernt.

Bild des Reports über Details von Nutzerkonten für cloudfire

Test-User dazu bringen, mit Ihnen zu reden
Dies ist, wie bereits erwähnt, der schwierigste Teil. Ein annehmbarer Teil der Leute antwortet auf unsere E-Mails oder nutzt die erwähnte kostenlose Telefonnummer, doch die Mehrheit bleibt stumm. Gegen Ende der Testphase verschicken wir eine letzte E-Mail, in der wir eine Ein-Jahres-Lizenz oder einen Amazon-Gutschein im Tausch gegen ein 20-minütiges Telefongespräch anbieten.

Beim qualitativen Testen bleiben
Auf jeden Usability-Fehler, der mit den oben beschriebenen Methoden aufgedeckt wird, kommen x Usability-Probleme, die unerkannt bleiben. Es gibt keinen besseren Weg, diese aufzuspüren, als die Durchführung von User-Tests mit neuen Nutzern. Wir führen zum Beispiel mindestens drei User-Tests pro Woche durch.

Was denken Sie?

Die Testphase ist ein kritisches Zeitfenster, in dem die Interessenten Ihnen ein bisschen Aufmerksamkeit widmen und Ihnen erlauben, sie anzusprechen. Macht man das ordentlich, sind diese Leute eine wahre Goldgrube an Lernmöglichkeiten, aber es ist auch sehr leicht, diese Chancen zu verschenken.

Haben Sie andere Techniken, um Ihre Trials effektiv zu meistern?

Dieser Artikel wurde im Original am 25. Mai 2010 unter dem Titel Troubleshooting Free Trials von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Seinen Weblog finden Sie unter www.ashmaurya.com/blog. Die Website seines Unternehmens Spark59 erreichen Sie unter http://spark59.com. Weitere Fachartikel von Ash Maurya gibt es in unserem Lean-Special.

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