Ein geschlossenes UX-Design-Team aufbauen

UX-Design ist ein Teamsport. Man sehe sich ein beliebiges tolles Nutzererlebnis an – auch wenn dahinter eine starke Designer-Persönlichkeit als Held oder Wortführer steht, gibt es immer auch ein Team von Leuten, die es mit Leben gefüllt haben.

(Selbst in den kleinsten aller Startups ist es selten eine einzelne Person, die das tut. Und in den seltenen Fällen, in denen UX-Design die Angelegenheit eines Einzelnen ist, bleibt das nie ein Dauerzustand.)

Als wir untersucht haben, wie man großartige Produkte und Dienstleistungen auf den Markt bringt, haben wir gelernt, wie wichtig ein starkes, geschlossenes Team ist. Die erfolgreichsten Teams, die wiederholt tolle Produkte ausliefern, teilen ein paar interessante Charakteristika. Sehen wir uns die wichtigsten an.

Das Team als inklusiv definieren

Eine Frage, die wir gestellt hatten und die wir ziemlich aufschlussreich fanden, war diese: "Wer ist im UX-Design-Team von Projekt X?" Darauf gibt es zwei Arten von Antworten. Entweder hören wir, dass das Team nur aus den Leuten besteht, die sich auch offiziell als UX-Designer bezeichnen, oder sie geben uns eine lange Liste, auf der alle Personen stehen, die an diesem Projekt gearbeitet haben, egal wie ihre Jobbezeichnung im Unternehmen lautet.

Inklusive Teams bemühen sich, Leute in den Prozess einzubinden, die nicht aus traditionellen UX-Design-Jobs kommen. Mehrere Teams, mit denen wir uns unterhalten haben, sagten uns, dass der Rechtsberater dazugehörte, um sicherzustellen, dass die Präsentation der Compliance-Informationen so gut wie möglich umgesetzt ist. In viele Teams sind Entwickler integriert, auch wenn sie bis dahin noch nicht im Produkt-Design gearbeitet haben. Einige Teams ziehen Leute aus dem Management hinzu – beispielsweise die Geschäftsführer von Filialen beim Rollout einer integrierten E-Commerce-Anwendung eines großen Händlers.

Als wir uns unsere Daten ansahen, stellten wir fest, dass es einen starken Zusammenhang zwischen diesen größeren, eher inklusiven Teams und den Teams gibt, die die besten Nutzererlebnisse entwickeln. Die Teams, die jedermann zum Teil des Design-Prozesses machen, profitieren davon, schneller unterschiedliche Sichtweisen zusammentragen zu können. Inklusive Teams produzieren bessere Ergebnisse.

UX-Design mit einem inklusiven Team bedeutet nicht, dass zu viele Köche im Brei rühren. In solchen Teams haben wir eine klare Struktur des Entscheidungen-Treffens gesehen. Früh im Projekt weiß jeder, wer über was zu entscheiden hat. (Apple etwa hat einen gut dokumentierten Prozess, der für jeden Aspekt eines Projekts eine Person als DRI oder Directly Responsible Individual vorsieht.)

Um zu entscheiden, wer dabei sein soll, sehen die Teams sich an, wer Einfluss auf das finale UX-Design haben wird. Inklusive Teams rekrutieren Leute im Unternehmen, die das Nutzererlebnis verändern könnten.

Fähigkeiten ausbauen, Rollen ignorieren

Größere Teams bringen mehr unterschiedliche Perspektiven zusammen, was sich zu ihrem Vorteil auswirkt. Sie können mit mehr Kreativität und Erfahrung auf Probleme und potenzielle Lösungen blicken.

Die erfolgreichsten Teams zelebrieren diese Vielfalt unter den Mitgliedern regelrecht. Und sie lassen nicht zu, dass Rollen sich der Art und Weise, ihre Arbeit zu erledigen, in den Weg stellen. "Das macht jemand anderes", war kein Lied, das wir gehört haben, als wir mit den Mitgliedern dieser Teams sprachen.

Uns ist aufgefallen, dass die Leiter der erfolgreichsten Teams regelmäßig die Fähigkeiten ihrer Mitglieder einschätzen. Sie gehen die Teamliste durch und bewerten, was jedes Mitglied insgesamt in die Gruppe eingebracht hat. Sie verordnen Training und praktische Schulungen, um Defizite zu beheben. Das gesamte Team besucht gemeinsam Seminare und Konferenzen und tauscht sich darüber aus, wie das Gelernte im aktuellen Projekt Anwendung finden kann.

In vielen Unternehmen ist der Ausbau von Fachwissen eine Nebensache, die nur anfällt, wenn die Projektarbeit mal pausiert. Doch die erfolgreichsten Teams sehen Weiterbildung als eine Hauptaktivität an und planen sie in die Projektarbeit mit ein. Ein Manager sagte uns: "Wenn sie (die Teammitglieder) von einem Training kommen und heiß darauf sind, eine neue Technik anzuwenden – das ist die Phase, in der wir echten Nutzen sehen."

Um Rollen zu überwinden, nutzen erfolgreiche Teams Techniken, die Diskussionen fördern, die die Macht im Raum ausgleichen. Zum Beispiel bildet eine Technik wie die KJ-Analyse die Gedanken aller Beteiligten zu einem Thema gleichberechtigt ab, unabhängig von ihrer Bedeutung im Unternehmen. Diese Teams sammeln so viele "ausgleichende" Techniken wie möglich.

Tiefer Fokus auf das Problem

Wir haben einen weiteren interessanten Unterschied zwischen den erfolgreichsten Teams und dem ganzen Rest aufgedeckt: der Anteil der Projektzeit, die aufgebracht wird, um das Problem zu verstehen. Oft haben wir gesehen, dass die Teams, die daran scheitern, tolle UX-Designs zu entwickeln, die ersten sind, die sich in eine Lösung verbeißen und sie umsetzen, ohne Alternativen zu erkunden. (Die schlimmsten Projekte sind solche, die mit einer vordefinierten Lösung als einziger Anforderung starten.)

Die Teams, die großartige Lösungen schaffen, investieren mehr Projektzeit, um Informationen über die Nutzer und ihre Herausforderungen zu sammeln und zu erfahren, was in der Vergangenheit ausprobiert wurde. Diesen Teams geht es beim initialen Design weniger darum, mit der besten Lösung daherzukommen, sondern vielmehr darum, Löcher in ihre Theorien zu stochern und besser zu verstehen, warum sie es so umgesetzt haben.

Interessanterweise scheint die Zeitinvestition in das Problem die Gesamtprojektzeit nicht zu verlängern. Tatsächlich kann sie die Projektzeit in manchen Fällen sogar verkürzen. Indem es mehr Zeit damit verbringt, das Problem zu verstehen, reduziert das Team das spätere Hin und Her, das durch uninformierte Meinungskriege entsteht. Ein besser verstandenes Problem bedeutet, dass das Team ein besseres UX-Design produziert, und das heißt weniger Arbeit im Nachhinein, weil die User es nicht mochten oder nicht nutzen konnten.

Bei tollen UX-Designs geht es darum, das Problem in seinen Feinheiten und nuanciert anzugehen. Die erfolgreichsten Teams graben sich tief in das Problem ein, indem sie detaillierte Szenarien nutzen, die zu verstehen helfen, was die Nutzer zu tun versuchen. Sie wenden potenzielle Lösungen auf die Szenarien an, um zu sehen, wo es noch unrunde Stellen und Komplexitäten gibt.

Ein gemeinsames Verständnis durch Sprache entwickeln

Beim Zuhören ist uns aufgefallen, dass einige Teams ihre eigenen Dialekte entwickelt haben. Sie nutzen spezielle Wörter und Wendungen, deren Bedeutungen nur sie kennen und die bestimmte Dinge beschreiben, die sie über das Design gelernt haben.

Manchmal repräsentieren diese Wörter und Wendungen Design-Prinzipien, zu denen das Team gekommen ist. Manchmal repräsentieren sie Dinge, auf die das Team bei der Nutzerforschung oder der Problemerkundung gestoßen ist.

Die größeren Teams achten sehr darauf sicherzustellen, dass alle diesen Dialekt verstehen. Sie teilen regelmäßig Beispiele davon, was diese Wörter und Wendungen bedeuten. Diese fortwährende Bestärkung hilft allen, die richtige Richtung zu sehen, in die es gehen soll.

Bei kritischen Design-Aktivitäten zeigt diese spezielle Sprache ihren Wert. Wenn das Team sich im Rahmen eines Design-Studio-Workshops durch Ideen arbeitet oder eine Facette des Designs gemeinsam kritisiert, hilft die neue Sprache, die Aufmerksamkeit auf die Spezifika des Designs zu lenken.

Nutzerforschung zusammen betreiben

Nutzerforschung ist ein weiteres Charaktermerkmal, das erfolgreiche Teams teilen. Während es viele Teams gibt, die Nutzerforschung nie oder nur in sehr geringem Umfang betreiben, tun die erfolgreichen Teams es regelmäßig in irgendeiner Form – von schnellen, informellen Usability-Studien mit zügig produzierten Papier-Prototypen bis hin zu sorgfältig durchgeführten Feldstudien.

Bessere Lösungen entstehen, wenn jedes Teammitglied direkt in weite Teile dieser Aktivitäten eingebunden ist. Das ist am einfachsten zu realisieren, wenn alle das Basiswissen in Sachen Nutzerforschung haben und die wichtigsten Techniken kennen. Sie wissen, wie man Fragen stellt und wie man Teilnehmer beobachtet, um die besten Einsichten zu generieren.

Weil jedes Teammitglied direkten, wiederholten Kontakt mit den Nutzern hat, können sie das, was sie gesehen haben, direkt in die Design-Diskussionen einbringen. Das Team ist an das gebunden, was es beobachtet hat, und das trägt zum tiefen Problemverständnis bei.

Ein geschlossenes UX-Design-Team aufbauen

Der Aufbau eines UX-Design-Teams unterscheidet sich nicht sehr von der Entwicklung von irgendetwas anderem. Es beginnt mit sorgfältigen Vorüberlegungen. Welche Art Team wollen wir haben? Was soll dieses Team erreichen?

Als wir uns hinsetzten und uns die Eigenschaften ansahen, die die erfolgreichsten Teams teilen, waren wir überrascht, wie wenig überrascht wir waren. Uns war klar, dass die mit Nutzern verbrachte Zeit erfolgskritisch ist. Der inklusive Ansatz, die Fokussierung auf Fähigkeiten, die Entwicklung eines Dialekts und die Konzentration auf das Problem waren Dinge, die wir intuitiv wussten.

Was diese Erkenntnisse so aufregend macht, ist, wie umsetzbar sie sind. Teamleiter können kleine Schritte in Richtung Erfolg machen, ohne unterbrechen zu müssen, was sie gerade tun. Das macht Hoffnung, dass selbst die dysfunktionalsten Teams sich weiterentwickeln und bessere Projektergebnisse erzielen können.

Dieser Artikel wurde im Original am 4. September 2013 unter dem Titel Building a Cohesive Design Team von Jared M. Spool veröffentlicht. Jared M. Spool gehört zu den führenden Usability-Experten unserer Zeit. Seine Website erreichen Sie unter http://www.uie.com. Weitere Artikel von Jared M. Spool finden Sie im Usability-Special von //SEIBERT/MEDIA.

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