Desktop-Benachrichtigungen zerstören Produktivität und Kreativität

Als ich Outlook 2003 auf meinem Rechner neu installiert hatte, erforschte ich erstmal die vielen neuen Funktionen. Unter anderem hatten die Entwickler der Software eine Desktop-Benachrichtigung für eingehende E-Mails spendiert. Auf den ersten Blick eine sinnvolle Sache, weil man direkt mitkriegt, wenn eine neue Mail eingeht und sofort darauf reagieren kann.

Wenn man sich jedoch vergegenwärtig, dass - heutzutage zwar selten aber vor nicht allzulanger Zeit vollkommen üblich - Tagesgeschäftskorrespondenz per Post abgewickelt wurde, fragt man sich, ob eine Reaktionszeit innerhalb von Minuten auf E-Mails erstrebenswert und sinnvoll ist. Die Frage ist keine und die Antwort ist NEIN!

Die Gründe sind unzählig und meines Erachtens ohne haltbares Gegenargument:

  • Keine Notwendigkeit - Es ist zuallerst weder erforderlich noch erwartet, eine Antwort in kurzer Zeit (Minuten oder Stunden) zu erhalten. Wer es eilig hat, ruft an. Zusätzlich stehen bei vielen Büro-Arbeitern noch Instant-Messaging-Clients wie Skype zur Verfügung, über die schnelle Nachrichten geschickt werden können.
  • Ablenkung vom Denken / Keine Konzentration möglich - Die produktivste Zeit eines Mitarbeiters ist, wenn er über Sachverhalte nachdenkt, Dinge analysiert und Verbesserungspotenziale erkennt. Diese für das Unternehmen ungemein wertvolle Zeit, steht Mitarbeitern heute viel zu wenig zur Verfügung. Desktop-Benachrichtigungen verhindern mit großer Zuverlässigkeit, dass sich ein Denker über einen längeren Zeitraum intensiv auf eine Sache konzentrieren kann!
  • Frustpotenzial - Je mehr unspezifische Verteilernachrichten man bekommt, desto mehr nervt das sich ständig öffnen Fenster, weil die Nachrichten gar nicht direkt für einen selbst bestimmt sind.
  • Gefahr für Vertraulichkeit und Privatsphäre - Da viele der üblichen Benachrichtigungssystem über den Betreff hinaus auch schon Inhalte der E-Mail darstellen, stellt die Funktion immer dann ein Sicherheitsrisiko für Vertraulichkeit und Privatsphäre da, wenn entweder ein Kollege auch auf den Bildschirm sieht oder sehen kann oder man sich in einem Meeting befindet. Dann sind Desktop-Benachrichtigungen nicht selten einfach nur peinlich.
  • Kreativität leidet - Um gute Ideen zu haben, muss man den Kopf frei kriegen. Das gelingt nicht, wenn ständig irgendwelche Alltagsproblem ins Gedächtnis gerufen werden. Gerade wenn etwas wirklich Bewegendes (mit wichtig hat das meist nichts zu tun) übermittelt wird, ist der Denkprozess und jeder Einfall für die gerade eigentlich aktuelle Sache schnell vergessen.
  • Spielball anderer sein - Viele schenken dem Benachrichtigungsdienst so viel Aufmerksamkeit, dass Sie genauso gut gleich einfach nur dasitzen und auf eingehende Mails warten könnten. Denen wünsche ich, dass Sie nur wenig Mails bekommen. Wer auf Desktop-Nachrichten über das Ablenken hinaus auch noch immer gleich reagiert, macht sich zum Spielball anderer. Er reagiert nur noch anstelle selbst zu steuern.

Warum werden Desktop-Benachrichtigungen überhaupt angewendet? Die einzige plausible Antwort ist für mich die natürliche Neugierde und Informationshunger des Menschen. Ich bin gespannt, ob hier einer in der Lage ist, eine sinnvolle Anwendung für die Funktion zu nennen. 🙂

Die meisten wissen jedoch, dass Sie sich mit diesen "Ich-darf-nichts-verpassen-Funktionen" nicht helfen. Nehmen Sie diesen Artikel zum Anlass, die Funktion der Desktop-Benachrichtigung einfach abzuschalten.


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9 thoughts on “Desktop-Benachrichtigungen zerstören Produktivität und Kreativität”

  1. Ich stimme zu. Das erste was ich gemacht habe ist, diese nervigen Popups abzuschalten. Im Zuge dessen habe ich aber auch noch weitere Optionen gefunden, die es beim alten Outlook noch nicht gab und die ein noch ungestörteres Arbeiten erlauben.

    1. Deaktivieren folgender Einstellung: “Erweiterte E-Mail Optionen: Briefumschlagsymbol im Benachrichtigungsbereich anzeigen”
    Das war das nervigste überhaupt im alten Outlook. Beim Eintreffen einer neuen Mail erscheint ein Briefsymbol, das natürlich auch wieder direkt das Öffnen des Mailprogrammes forciert.

    2. Rechtsklick auf Outlook-Symbol im Benachrichtigungsbereich und Option ‘Ausblenden wenn minimiert” wählen. Dadurch erscheint Outlook nicht mehr in der Taskleiste und ein Wechseln der Tasks mit Alt+TAB verleitet nicht dazu, mal eben bei Outlook hängen zu bleiben.

    Der Vorteil am neuen Outlook ist, dass es sich wenigstens so einstellen lässt, dass ungestörtes Arbeiten möglich wird!

    Gruss Jo

  2. Die zweite Option war auch für mich neu. Allerdings dürfte Sie mir nur in Ausnahmefällen helfen, weil ich in der Regel viel mit Outlook arbeite und man sich da schon selbst konditionieren muss, nicht ständig im Posteingang nachzusehen.

  3. Einige Leute scheinen sich tatsächlich auf dem Arbeitsplatz zu langweilen. Da ist das Popup-Fenster wohl wirklich ein unterhaltsames Gimmick. Habe erst letztens von einem Großunternehmen gehört, in dem die Angestellten gerne die Funktionen “Benachrichtigung, wenn Nachricht gelesen wird”, und “Benachrichtigung, wenn Nachricht gelöscht wird” verwenden. Standardmässig sind alle Outlook-Clients so eingestellt, dass die Benachrichtigungen automatisch authorisiert werden. So ist man immer gut darüber informiert, was die Kollegen so tun, und bekommt am Tag locker auf 100 Emails, die alle Denkprozesse im Keim ersticken… 😉

    Mein persönlicher Tip ist, ganz auf Outlook zu verzichten. Kommt vielleicht nur für Privatpersonen in Frage, aber ich verwende hauptsächlich das Gmail-Webfront. Hat alles, was ich für Steigerung der Produktivität brauche: schnelle Suche, Labels, Konversationsview, Arbeiten von überall, Backup aller Mails, etc.

    Meine Meinung teilen übrigens viele Leute:
    http://www.lifehacker.com/software/email-apps/reader-poll-results-gmail-rules-email-111572.php

    Outlook verwende ich nur, um mit dem Kalender Meetings etc. mit Leuten zu planen, die unbedingt Outlook verwenden wollen. Mails lade ich auch noch mit Outlook via POP runter, aber nur dafür, um eine lokale Kopie zu haben, wenn ich offline bin. Google Desktop kann dann dazu verwendet werden, die lokal gespeicherten Mails zu durchsuchen.

    Eine bessere Lösung ist mir für den privaten Gebrauch nicht untergekommen. Für den Gebrauch im Unternehmen muss man sich wohl mit Outlook herumschlagen…

  4. Ok, vielen Dank für die wertvollen Hinweise, die ich gleich umgesetzt habe. Zum Glück gibt es Google Desktop 2.0. Damit läßt sich alles wieder aktivieren mit E-Mail, News, Web-Clips und wenn dies nicht reicht, dann empfehle ich Martin’s Tipp mit dem Konfabulator. Hier kann ich noch Fenster mit RSS-Feeds einbinden.
    Es gilt die Devise: Nur nichts verpassen. Zum Glück weiss ich auch, das es 3 Golf, ein Ford und ein Opel waren, die gestern in Berlin brannten. Jetzt kann getrost die richtige Aktie kaufen. Wunderbare Welt der Nachrichten.

  5. Naja, das mag für manche gelten. Ich finde hingegen das kleine rechts unten auftauchende Fenster recht dezent und angenehm. Eher unbewusst bekommt man direkt mit, ob es sich um eine Mail handelt auf die reagiert werden muss. In der Tat ist gerade in jungen Unternehmen die eMail ein essentiellers Kommunikationsmittel als Telefon und anderes. Ein Großteil der kompletten Dienstleisterkommunikation erfolgt ausschließlich per eMail. Und bei mir selber ist es einfach schon die Sache, dass mit der Server eine Mail schickt, wenn er ein kritisches Problem hat.

    Ansonsten schrieb da jemand etwas von Skype^^ Dieses Programm ist sicherheitstechnisch gesehen eine absolute Katastrophe und sollte in Büros garantiert nicht eingesetzt werden -> http://www.secdev.org/conf/skype_BHEU06.handout.pdf

    Gerade als Rechtsanwalt sollte man sich da ein paar Gedanken machen…

    Ansonsten stimme ich zu, dass es bessere eMail-Clients gibt als Outlook. Allerdings ist man gerade im Büro aufgrund der Konnektivität mit anderer Software oftmals darauf angewiesen.

  6. Hier ein Beitrag, der eindeutig für das Abstellen von Desktop-Benachrichtigungen spricht:
    http://www.heise.de/newsticker/meldung/74599

    “Jeder Dritte (34,9 Prozent) hat demnach den Eindruck, dass die berufliche Belastung durch E-Mails in letzter Zeit zugenommen hat. Jeder Fünfte fühle sich in seiner Konzentration gestört (22,2 Prozent) und von anderer Arbeit abgehalten (20,9 Prozent).

    Dennoch gaben mehr als ein Viertel (27,6 Prozent) der Befragten an, neue Mails im Büro umgehend zu lesen. 55,5 Prozent bestätigten, ihre beruflichen E-Mails sogar nach Feierabend oder am Wochenende von zu Hause aus abzurufen.

    Statt Termine umständlich per E-Mail zu vereinbaren, sollten die Menschen wieder öfter telefonieren. TNS Emnid befragte für die Studie im Mai 1005 Bundesbürger ab 14 Jahren.”

  7. Hallo, ihr Profis. Ich habe alles sehr aufmerksam gelesen! Denn ich bin leider auch bei Outlook gelandet. sorry, ich bin etwas aufgeregt, da ich neu bin, im Computer nutzen. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie ich da wieder raus komme. Muß ich, wie angezeigt, so viel löschen?

    Schöne Grüße

    Tom F.

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