Die Rolle des Wikis im Unternehmen: Sie müssen Ihr Intranet nicht über Bord werfen!

In unseren Wiki-Workshops stellen wir immer wieder fest, dass unsere Kunden ein Wiki als substituierendes Werkzeug einsetzen möchten. Sie fragen sich: "Welche andere Software können wir durch das Wiki ersetzen?", oder noch etwas konkreter: "Können wir unser Intranet durch das Wiki ersetzen?". Dieser Blog-Artikel soll dabei helfen, ein Unternehmenswiki von anderen Systemen im Unternehmen abzugrenzen.

In der Regel ist es unserer Erfahrung nach nicht sinnvoll, ein Wiki als Ersatz für ein anderes System zu verstehen. Viele Intranets bieten zahlreiche individuelle Prozesse, die Wikis so nicht abbilden können. Sowohl inhaltlich als auch politisch ist ein Wiki am besten als eigenständiges, unabhängiges System und nicht als "Anhängsel" oder als "Ersatz" zu implementieren.

Die Rolle eines Wikis

Anhand einer Metapher soll die Rolle des Wikis erläutert werden. Stellen Sie sich vor, die IT-Infrastruktur Ihres Unternehmens wäre ein großer Eimer. In diesem Eimer befinden sich viele Werkzeuge. Die meisten sind IT-Systeme wie Ihr ERP-System, Ihre Finanzbuchhaltung, Ihr Intranet, Ihre Netzlaufwerke, Ihr Dokumentenmanagement, Ihr E-Mail-Server, ein CRM-System, Ihre Website, usw. Aber auch Meetings und interne Telefonate zählen zu diesen Werkzeugen. Stellen Sie sich diese Werkzeuge jeweils als einen Stein vor. Meetings und Telefonate sind häufig ziemlich große Steine. Das Intranet ist eher ein kleiner Stein. All diese Steine liegen in Ihrer Infrastruktur, in Ihrem "Eimer". Der Eimer ist fast voll. Ein weiterer Stein passt nicht mehr hinein. Wenn das Wiki ein großer Stein wäre, müssten Sie einen anderen Stein herausnehmen, damit Sie weiterhin einen Deckel auf Ihren Eimer machen können und er nicht zu voll wird.

Um das Wiki-Projekt zu realisieren, wollen deshalb viele Unternehmen das Intranet über Bord werfen. Aber das ist nicht sinnvoll. Und es ist auch nicht erforderlich. Denn ein Wiki ist kein klassisches Intranet-Portal. Und in unserer Eimer-Metapher ist es auch kein Stein, sondern Sand. Es ist flexibel, schnell und fließt leicht in die Lücken, die die anderen Systeme im Eimer hinterlassen. In den vermeintlich vollen Eimer passt zwar kein Stein mehr, dafür aber ganz schön viel Sand. Wenn Sie an Ihrer bestehenden Infrastruktur gar nichts ändern und den Sand einfach nur hinzuschütten, dann wird die Raumausnutzung im Eimer deutlich effizienter. Und Sie haben ein ziemlich einfaches Projekt vor sich. Denn statt politische Grabenkämpfe auszufechten, ob das Wiki dieses oder jenes System ersetzen kann, spielen Sie die Stärke des Wikis aus, nämlich den Zwischenraum zwischen den anderen Systemen auszufüllen. Lassen Sie es zu: Es macht das Leben leichter und Ihr Projekt erfolgreicher.

Die Tücken eines erfolgreichen Wikis: Redundanz und Gnadenlosigkeit

Aber Achtung: Ein Firmenwiki, das auf diese Weise erfolgreich im Unternehmen eingeführt wird, birgt auch seine Tücken. Dadurch, dass es so einfach und schnell bedienbar ist, nutzen die Mitarbeiter es immer intensiver und manchmal auch für Dinge, die eigentlich andere Systeme abbilden sollten. So finden sich auf einmal Kundenadressen im Wiki oder Unterlagen werden im Wiki statt im Dokumentenmanagementsystem gespeichert. Das ist die Realität und kommt in fast allen Unternehmen vor. Eigentlich, um bei der Metapher mit dem Eimer zu bleiben, müsste das Wiki ja nur in den Zwischenräumen sein. Aber der Sand dringt auch in die anderen Systeme ein.

Das hat zwei Effekte:

  1. Redundanz: Es entstehen Informationen aus einer "Klasse" an zwei unterschiedlichen Stellen. Das ist ein Problem und kann nicht ignoriert werden.
  2. Gnadenlosigkeit: Wenn ein eingeführtes System schlecht ist und von den Mitarbeitern nicht bedient werden kann oder will, dann weichen sie auf andere Systeme aus. Der Vorteil für die "Abweichler" ist die Intransparenz, es merkt niemand. Im Wiki werden solche Abweichungen schnell transparent.

Wie sollte man reagieren?

Zuallererst sollte man sich klar machen, dass diese Redundanzen ein "Reinigungsprozess" sind. Sie zeigen systemische Probleme auf. Diese gilt es nicht zu unterdrücken, sondern zu analysieren. Daher raten wir zunächst zu beobachten, wie sich die Nutzung entwickelt und warum sie sich so entwickelt. Oft haben die "Abweichler" einen ganz praktischen Ansatz und nutzen das eigentlich dafür vorgesehene System nur deshalb nicht, weil es zu kompliziert ist und die Anforderungen nicht erfüllt.

Ist das Wiki also wichtiger als die anderen Systeme?

Nein, grundsätzlich nicht. Ein Wiki wird in vielen Unternehmen schnell zu einer wichtigen Software, die stark genutzt wird und die viele Mitarbeiter lieben. Aber Sie dürfen nicht den Fehler machen, den Eimer auszuleeren, zuerst den Sand reinzuschütten und anschließend wieder die Steine drauf zu legen. Dann passt nämlich plötzlich nicht mehr in den Eimer, was vorher problemlos darin Platz hatte. Sie sollten regelmäßig den Inhalt Ihrer Infrastruktur auf den Prüfstand stellen und "den Eimer mit all seinem Inhalt ausleeren". Die Steine, die das Wiki ganz porös gemacht hat und die bald auseinander fallen, müssen ersetzt werden. Möglicherweise sogar durch eine Wiki-Erweiterung. Andere Steine werden überhaupt keine Beeinträchtigung aufweisen. Spätestens hieran erkennen Sie, dass Sie überhaupt keine Redundanzen im Wiki zulassen dürfen. Zuerst kommen die Steine. Dann kommt der Sand. CRM-Inhalte haben im Wiki nichts zu suchen. Es sei denn, Sie haben kein oder kein richtiges, wirksames CRM-System. Dann ist das Wiki prima.

Video-Blog von Martin Seibert zum Thema

Fazit

Führen Sie ein Wiki nicht als Ersatz für ein anderes, sondern als eigenständiges System ein. Wenn Sie erste Redundanzen zu Bestandssystemen erkennen, unterdrücken Sie diese nicht, sondern beginnen Sie zu identifizieren und zu analysieren. Wenn Ihr System schwach ist, lassen Sie die Redundanzen zu und suchen nach einer besseren Lösung. Ist Ihr System jedoch stabil und auch nach einer Analyse nicht verbesserungswürdig? Dann unterdrücken Sie die Wiki-Redundanzen und verweisen auf Ihr Bestandssystem. In der Regel geht es sehr schnell, dass Ihre Mitarbeiter diese Redundanzen dann nicht mehr entstehen lassen, sondern Ihr Bestandssystem nutzen.

Kurz gesagt: Wikis sind eine neue Kategorie von Software, die Ihre bestehenden Werkzeuge ergänzt. Nutzen Sie diese Flexibilität und halten Sie sich nicht mit Politik in der Diskussion um Systemersatz auf.

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Weiterführende Informationen

Unsere spezielle Seite zum Thema Firmenwikis
111 Gründe für ein Firmenwiki
Welche Informationen gehören ins Firmenwiki? Beispiele aus der Praxis
Firmenwikis: Im Wiki zählt Qualität vor Quantität – oder doch nicht?
Neue Wiki-Dokumente richtig anlegen: Wo und wie einsortieren?


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4 thoughts on “Die Rolle des Wikis im Unternehmen: Sie müssen Ihr Intranet nicht über Bord werfen!”

  1. Ich finde, Wikis sind gerade für kleine Unternehmen ein idealer Ersatz für eine komplizierte und umfangreiche Intranetsoftware. Für eine Projektgruppe habe ich eine praktikable, und am Anfang bezahlbare, Lösung gesucht. Am Ende haben wir uns für ein Wiki entschieden. Schnell, kostenlos und alle Inhalte lassen sich schnell und einfach anpassen.

    Ein Vorteil wäre sicher eine “Livefunktion”, wie Google Wave sie bietet. Damit könnte man auch an unterschiedlichen Orten an Wikiartikeln und Dokumentationen arbeiten. Aber für den Start ist das Wiki eine gute Einsatzmöglichkeit!

  2. Die Metapher mit einem Eimer und Steinen darin, und ein Wiki als Lückenfüller, ist ziemlich anschaulich.

    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es Unternehmen gibt, in denen diese Metapher hilfreich wäre um das Bewusstsein für die “Freiheit der Ergänzung vorhandener interner Informationssysteme” auf allen Ebenen zu stärken.

    Sogar wenn das oberste Management eine Richtung im Sinne der Metapher vorgibt, kommt es vor, dass auf anderen Managementebenen bzw. den operativen Ebenen, die Zielsetzung des Firmen-Wikis nicht in diesem Sinne interpretiert wird. Dann “driftet” ein Firmen-Wiki langsam ab, die Klarheit und das Verständnis zur Frage “Warum haben wir ein Wiki, was nutzt es uns?” löst sich langsam auf.

    Hier kann aus meiner Sicht nur eine “Instanz” eingreifen, die “korrigierende Gewalt” hat. Eine Gruppe der Wiki-Gärtner ist da das Beste, was ich selbst erfahren habe. Denn wenigstens diese Wiki-Gärtner sollten ein gemeinsames Verständnis haben und im Sinne des Ganzen für alle Benutzer nachvollziehbar handeln können.

    Die “stetige Ausübung von richtungsweisenden Entscheidungen zum Wiki” ist eine der Herausforderungen im betrieblichen Alltag. Ganz nach dem Motto: “viele Köche verderben den Brei, aber viele Köche kochen die Sachen, die wir haben wollen”. Was hilft uns, um in der Küche kein Chaos zu bekommen?: jeder denkt mit und manche helfen den Denkern!

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