Usability-Analysen: Die Guided Usability Inspection bei //SEIBERT/MEDIA

In der Usability-Forschung wird zwischen User-Tests und expertenbasierten Analysen unterschieden: Bei einem User-Test beobachtet man reale Nutzer bei der Arbeit mit einer Anwendung und erhält so Aufschluss darüber, welche Usability-Probleme in der Praxis tatsächlich auftreten. Bei Expertenanalysen prüfen dagegen erfahrene Fachleute, ob eine Applikation grundlegende Usability-Voraussetzungen erfüllt und ob gegebenenfalls Usability-Probleme vorliegen.

Expertenbasierte Usability-Tests: Live-Session hier nachträglich anschauen

Den User-Test als Königsdisziplin der Usability-Forschung haben wir an dieser Stelle bereits ausführlich behandelt. Doch nicht jedes Projekt lässt vom Zeitrahmen und/oder vom Budget her diese vergleichsweise aufwändige Nutzerforschung zu. Im Vergleich zu User-Tests haben expertenbasierte Analysen zwei Vorteile: Sie sind kostengünstiger und schneller zu realisieren.

Neben dem Cognitive Walkthrough, bei dem nicht ganze Online-Anwendungen, sondern spezielle Prozesse innerhalb einer Anwendung (Kaufprozess, Bestellprozess, etc.) gezielt durchlaufen und analysiert werden, bietet //SEIBERT/MEDIA die Guided Usability Inspection an. Im Rahmen unserer wöchentlichen Live-Sessions zur kostenlosen Online-Beratung haben wir uns dem Ablauf und den Möglichkeiten dieser Analysemethode ausführlich gewidmet. Die Aufzeichnung der rund dreißigminütigen Sendung können Sie hier anschauen:

Die Guided Usability Inspection

In Rahmen der Guided Usability Inspection kombinieren wir zwei etablierte Methoden der Usabilty-Forschung: Die Richtlinienprüfung und die Heuristische Evaluation. Beide Methoden werden separat angewendet und die Erkenntnisse anschließend zusammengeführt.

Die Richtlinienprüfung
Bei der Richtlinienprüfung wird untersucht, ob eine Anwendung mit abgesicherten empirischen Erkenntnissen aus der Usability-Forschung übereinstimmt. Aus unzähligen Studien ist bekannt, welche Probleme die User bei der Nutzung von Online-Anwendungen haben. Aus diesen Erkenntnissen lassen sich Richtlinien ableiten, die bei der Gestaltung von Websites, Intranets und Extranets berücksichtigt werden sollten.

//SEIBERT/MEDIA verfügt über eine umfangreiche Sammlung von mehr als 200 empirisch abgesicherten Richtlinien, die unsere Experten kontinuierlich anpassen und ausbauen. Wie ernst ein Usability-Problem ist, ergibt sich zum einen aus der Wichtigkeit der Richtlinie, zum anderen aus der Stärke des Verstoßes. Einen Teil dieser Richtlinien haben wir in unserem Blog-Artikel 99 Usability-Fragen, die hervorragende Websites mit Ja beantworten sollten für Sie stichpunktartig aufbereitet.

Die heuristische Evaluation
Bei der Richtlinienprüfung kommt ein starres Prüfkorsett zum Einsatz, das ein hohes Maß an Validität und Reliabilität sicherstellt. Der Nachteil: Usability-Probleme, die nicht im Richtlinienkatalog enthalten sind, bleiben zunächst außen vor. Deshalb wird die Richtlinienprüfung um eine Heuristische Evaluation ergänzt. Hier wird geprüft, inwiefern die Anwendung mit bestimmten grundsätzlichen Usability-Prinzipien übereinstimmt, den Heuristiken.

Der Experte ist bei der Begutachtung der Anwendung relativ flexibel. Ihm liegt lediglich eine Liste mit Heuristiken vor, in der die grundlegenden Eigenschaften beschrieben sind, die nutzerfreundliche Anwendungen erfüllen sollten. Abweichungen schätzt der Fachmann anhand seiner Erfahrung als Usability-Probleme ein.

Die Heuristiken, die als praxisbewährte und vielfach verifizierte Usability-Faustregeln zu verstehen sind, gehen auf die Arbeit von Jakob Nielsen und Rolf Molich zurück. Diese zehn Heuristiken werden auch von //SEIBERT/MEDIA im Rahmen der heuristischen Evaluation eingesetzt:

Sichtbarkeit des Systemstatus’: Das System sollte die Nutzer durch sinnvolles Feedback innerhalb angemessener Zeit immer informieren, was gerade geschieht.

Bezug zwischen System und realer Welt: Das System sollte die Sprache des Nutzers sprechen und keine systemorientierten Phrasen, sondern gebräuchliche Wörter, Sätze und Konzepte verwenden. Sich nach den Konventionen der wirklichen Welt zu richten heißt auch, Informationen in einer natürlichen und logischen Reihenfolge zu vermitteln.

Nutzerkontrolle und Freiheit: Oft wählen Nutzer Funktionen versehentlich aus und benötigen einen deutlich gekennzeichneten „Notausgang“, um den unerwünschten Zustand zu beenden, ohne einen ausführlichen Dialog führen zu müssen. „Rückgängig“ und „Wiederherstellen“ sollten unterstützt werden.

Kontinuität und Standards: Nutzer sollen sich nicht fragen müssen, ob unterschiedliche Begriffe, Situationen oder Aktionen dieselbe Bedeutung haben. Man sollte die Standards der Plattform einhalten.

Fehlern vorbeugen: Noch besser als sinnvolle Fehlermeldungen ist ein sorgfältiger Aufbau, der verhindert, dass Probleme überhaupt erst auftreten. Entweder sollten fehleranfällige Bedingungen eliminiert oder es dem Nutzer ermöglicht werden, Aktionen vor dem Ausführen zu bestätigen.

Sichtbarkeit statt Sich-erinnern-Müssen: Die Gedächtnisbelastung des Nutzers sollte durch sichtbare Objekte, Aktionen und Optionen minimiert werden. Der Nutzer sollte sich nicht über Dialogschritte hinweg an Informationen erinnern müssen. Informationen zur Nutzung des Systems sollten sichtbar oder leicht abrufbar sein, wenn sie benötigt werden.

Flexibilität und Nutzungseffizienz: Für unerfahrene Nutzer unsichtbare Beschleunigungsoptionen können die Interaktion für erfahrene User erleichtern, sodass das System auf beide Nutzergruppen zugeschnitten ist. Nutzern sollte es möglich sein, häufig durchgeführte Aktionen zusammenzufassen.

Ästhetik und minimalistischer Aufbau: Dialogfelder sollten keine irrelevanten oder selten benötigten Informationen enthalten. Jede zusätzliche Information konkurriert mit den tatsächlich relevanten Informationen und reduziert deren relative Sichtbarkeit.

Nutzern helfen, Fehler zu bemerken, zu diagnostizieren und zu beheben: Fehlermeldungen sollten in gebräuchlicher Sprache und ohne Codes das Problem präzise darstellen und konstruktive Lösungsvorschläge anbieten.

Hilfe und Dokumentation: Es ist grundsätzlich besser, wenn das System ohne Dokumentation bedienbar ist, aber kann es erforderlich sein, Hilfe und Dokumentation anzubieten. Jede dieser Informationen sollte einfach zu finden sein, sich auf die Aufgaben des Nutzers beziehen, konkrete Schritte auflisten, die ausgeführt werden müssen, und nicht zu umfangreich sein.

Im Rahmen der Guided Usability Inspection werden die Richtlinienprüfung und die heuristische Evaluation zunächst unabhängig voneinander angewendet. Am Ende der Untersuchung steht dann ein gemeinsamer Abschlussbericht, in dem die Analysen in separaten Abschnitten dargelegt werden. Der Bericht schließt mit einer priorisierten Liste aller erkannten Usability-Probleme und konkreten Handlungsempfehlungen inklusive Aufwandsschätzungen.

Fazit

Die Guided Usability Inspection ist keine Allzweckwaffe und stößt wie jede expertenbasierte Analyse an Grenzen. Dennoch lassen sich aller Erfahrung nach und Studien zufolge durch expertenbasierte Tests zwischen 60 und maximal 90% aller Probleme einer Anwendung aufdecken. Ein Experte mit breitem Fachwissen und viel Abstraktionsvermögen, der vor allem die beschriebenen Heuristiken sinnvoll anwenden kann, wird sehr viele Fehler erkennen und so immer entscheidend zur Verbesserung der Software beitragen.

Mithilfe einer Guided Usability Inspection entsteht also ein kohärentes Gesamtbild der Usability einer Anwendung, auf deren Basis gezielt Optimierungen vorgenommen werden können.

Wir sind Experten für Usability und unterstützen Sie gerne bei der Analyse und Fehlerbehebung Ihrer Web- oder Intranet-Anwendung. Möchten Sie zunächst einmal ein Gefühl dafür bekommen, ob sich für Sie eine Investition in Usability lohnt? Nutzen Sie unsere kostenlose und unverbindliche Kurzanalyse: 30 Minuten begutachtet ein erfahrener Praktiker Ihre Anwendung und bespricht in einem anschließenden Telefonat die wichtigsten Erkenntnisse mit Ihnen. Sprechen Sie uns bitte an. Ausführliche Informationen finden Sie darüber hinaus auch auf unserer speziellen Seite zum Thema Expertenanalysen und auf unserer Usability-Minisite.

Weiterführende Informationen

Return on Investment von Usability
99 Usability-Fragen, die hervorragende Websites mit Ja beantworten sollten
Der User-Test: Königsdisziplin der Usability-Forschung
Remote User-Tests mit OpenHallway: Alternative zur klassischen Nutzerforschung
Usability-Maßzahlen: Den Erfolg sichtbar machen


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