Lean Startup: Ihr Geschäftsmodell ist ein System (Teil 1)

Lean hat sich aus der produzierenden Welt heraus entwickelt, als der geschlossene Ruf nach der Reduzierung von Ausschuss im Produktionsprozess laut wurde. Lean Software hat Parallelen zwischen dem Hardware- und Softwareherstellungsprozess gezogen und sich ebenfalls zum Ziel gesetzt, Ausschuss im Produktionsprozess zu vermeiden.

Dann kam Lean Startup daher und zeigte auf, dass eine effiziente Produktion nicht ausreicht, solange sie nicht auch Kundenmehrwert ausliefert und gegen Ende das Lernen über die Produktion stellt.

In einem Startup (oder bei jedem neuen Produkt), wo man nicht weiß, ob das, was man produziert, Kundenmehrwert generieren wird, ist man besser bedient, die Produktion zu limitieren (zum Beispiel auf ein MVP) oder komplett auf sie zu verzichten, um erst die Wertschöpfung zu testen.

Zuerst müssen Sie ein Problem finden, dass sich zu lösen lohnt, ehe Sie Ressourcen abstellen, um eine Lösung zu bauen und zu skalieren. Das ist die Essenz dessen, was ich in meinen Bootcamps lehre, wo eine No-Code-Regel gilt und ich dafür plädiere, komplett ohne Produktion auszukommen, bis die richtige Zeit gekommen ist. Während ich diese Logik immer höchst rational fand, ist das gleichwohl oft eine bittere Pille für Gründer, denn wir lieben Produktion und die Optimierung der Produktionsprozesse.

Auch ich konnte mich des Gefühls nicht erwehren, dass die ganze Kraft, den dieses leane Denken zu bieten hat, erst in späteren Stadien ausgeschöpft wird, wenn das Produzieren von Kundennutzen auf Volldampf läuft (nach dem Product/Market Fit).

Dann hatte ich eine kleine Offenbarung.

Alle Entrepreneure sind im produzierenden Gewerbe

Es kam mir so vor, dass alle Entrepreneure auch im produzierenden Bereich sind, aber was wir herstellen, ist nicht auf unsere Produkte limitiert.

Entrepreneure bauen Systeme, um glückliche Kunden zu erzeugen, und das Geschäftsmodell ist die Blaupause für dieses System.

Glückliche Kunden bezahlen Sie, und dass sie das wiederholt tun und dass das ganze auch skaliert (wozu ein Geschäftsmodell nötig ist, das funktioniert), ist das Ziel eines Startups.

Diese ist ein High-Level-Blockdiagramm des Produktionsprozesses, der dies möglich macht:

Viele von Ihnen sollten das als Dave McClures Piratenmetrik erkennen. Sie fängt die Makroschritte ein, die den Kundenlebenszyklus oder Kundentrichter definieren.

Ihre Aufgabe ist es, ein System zu bauen, das wiederholt unerwartete Besucher als "Rohmaterial" aufnehmen und genügend von ihnen zu glücklichen Kunden konvertieren kann.

Für die Marketing-Leute unter Ihnen mag das bereits offensichtlich sein, da Sie ja bereits im Sinne eines Trichters denken. Aber die Produktionsmetapher öffnet die Tür zu etlichen Denkweisen auf Lean- und System-Level, die vielleicht nicht offensichtlich sind – wie die Anwendung der Engpasstheorie im Zusammenspiel mit dem Konzept des Customer Pulls aus dem Lean-Bereich, um die Fallen der verfrühten und lokalen Optimierung zu umgehen.

Ich werde auf diese Spätes-Stadium-Applikationen in folgenden Posts eingehen, heute möchte ich aber schildern, wie diese Metapher des System-Denkens genutzt werden kann, um sogar das früheste und oftmals unschärfste Stadium eines Produkts zu meistern – das Finden des Problem/Solution Fit.

Warum ist das Finden des Problem/Solution Fit so schwer?

Das meiste Lernen während des Problem/Solution-Fit-Stadiums geht aus Kundeninterviews hervor. Da diese Art des Lernen eine typische qualitative (vs. eine quantitative) ist, wird sie oft als ein "zu weiches" oder "zu wenig fassbares" Lernen aufgefasst.

Das macht Entrepreneure nervös und skeptisch.

Hier eine Zusammenstellung von Fragen, die ich oft höre:

  • Wie viele Interviews sollte ich durchführen?
  • Wie sollte ich Interviews bepunkten?
  • Wie kann das Interviewen von nur 20 Leuten statistisch signifikant sein?
  • Woher weiß ich, wann ich aufhören kann?
  • Was, wenn ich nichts Hilfreiches lerne?

Andere verschmelzen Kundeninterviews mit eher traditioneller Kundenforschung und bieten präskriptive Tipps wie diese an:

  • Interessenten nicht lenken
  • Den Kunden zuhören
  • Kognitiver Verzerrung aus dem Weg gehen
  • Umfragen und Fokusgruppen durchführen, um so viele Informationen wie möglich zu sammeln

Das Endergebnis: Entrepreneure sehen Kundeninterviews als

  • kompliziert
  • zeitfressend
  • nicht belastbar

Ich tadele sie nicht. Als ich angefangen habe, ging es mir exakt genauso.

Jeder legt das Lippenbekenntnis ab, dass das Reden mit den Kunden wichtig ist, aber das Reden allein ist nicht genug. Es ist ein Rezept, um Tonnen von (vielleicht) interessanten, aber andererseits auch wenig belastbaren Informationen (Belanglosigkeiten) anzuhäufen.

Korrekt gemacht aber sind Kundeninterviews der schnellste Weg zu lernen. Sie müssen jedoch zielgerichtet sein.

Im zweiten Teil dieses Artikels erläutert Ash Maurya die Prinzipien seines System-Ansatzes.

Dieser Artikel wurde im Original am 26. März 2013 unter dem Titel Your Business Model Is a System And Why You Should Care von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Seinen Weblog finden Sie unter www.ashmaurya.com/blog. Die Website seines Unternehmens Spark59 erreichen Sie unter http://spark59.com. Mehr Fachartikel bietet unser Lean-Special.

ACHTUNG!
Unsere Blogartikel sind echte Zeitdokumente und werden nicht aktualisiert. Es ist daher möglich, dass die Inhalte veraltet sind und nicht mehr dem neuesten Stand entsprechen. Dafür übernehmen wir keinerlei Gewähr.

Schreibe einen Kommentar