Lean Startup: Warum man Kunden nie fragen sollte, was sie zahlen würden

Können Sie sich vorstellen, Steve Jobs hätte Sie gefragt, wie viel Sie für ein iPad bezahlen würden, bevor es herauskam? Klingt lächerlich, oder? Aber Sie (als Entrepreneur) haben wahrscheinlich schon Kunden an irgendeinem Punkt nach einem "Richtpreis" gefragt.

Doch das ist die falsche Richtung.

Denken Sie einen Moment darüber nach.

Es gibt für die Kunden keine sinnvolle ökonomische Rechtfertigung dafür, etwas anderes als eine niedrige Zahl anzubieten. Entweder kennen sie den wirklichen Wert Ihres Produkts und spielen es herunter, um ein gutes Geschäft zu machen. Oder sie wissen es ehrlich nicht und fühlen sich bei dieser Frage unwohl.

Es ist nicht die Aufgabe Ihrer Kunden, die Preise festzulegen.

Ein optimaler Preis ist einer, der akzeptiert wird, aber nicht ohne einen gewissen anfänglichen Widerstand. Es ist Ihre Aufgabe, sowohl diesen Preis zu setzen als auch die Kunden zu überzeugen. Apple ist ein Meister darin. Sie kriegen es hin, dass ihre Produkte Premium-Preise haben und die Kunden nach ihnen anstehen. Das Pricing ist eher eine Kunst als eine Wissenschaft, aber in den nächsten Posts werde ich Taktiken erkunden, um das Festlegen und Testen eines Preises zu entmystifizieren.

Prinzip 1: Der Preis ist ein Teil des Produkts

Stellen Sie sich vor, dass ich Ihnen zwei Flaschen Wasser hinstelle und Ihnen sage, dass die eine 50 Cent und die andere zwei Dollar kostet. Trotz des Umstandes, dass Sie sie in einem blinden Geschmackstest nicht auseinander halten könnten (hinreichend ähnliche Produkte), werden Sie vielleicht annehmen, dass das teurere Wasser von höherer Qualität ist, oder sich zumindest fragen, ob es so ist.

Hier kann der Preis die Wahrnehmung des Produkts verändern.

Prinzip 2: Das Pricing bestimmt Ihre Kunden

Das Pricing definiert nicht nur das Produkt, sondern auch Ihre Kunden. Aufbauend auf dem Beispiel mit den Wasserflaschen wissen wir, dass es für beide Preispunkte rentable Märkte gibt. Die Flasche, die Sie am Ende nehmen, definiert das Kundensegment, in das Sie fallen.

Prinzip 3: Pricing ist relativ

In ihrem bahnbrechenden Buch "Positioning – The Battle for the Mind" beschreiben Al Ries und Jack Trout das Konzept einer Produktleiter, die zeigt, wie Kunden Produkte in einer mentalen Hierarchie organisieren. Sie haben nun die Aufgabe zu verstehen, welche alternativen Produkte die Top-3-Spots in den Köpfen der Leute besetzen. Diese Alternativen haben Referenzpreisanker, gegen die Ihr Angebot abgewogen wird.

Alternativen können real oder extrapoliert sein. In beiden Fällen helfen sie, wenn man das Relativitätsprinzip anwendet. So hatte Steve Jobs das Pricing für das iPad eingeführt, eine brandneue Produktkategorie:

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Geschickt verankert Steve Jobs das iPad entgegen der Expertenprognosen (die Netbooks als Preisanker nutzten) und lässt das iPad wie ein Schnäppchen aussehen.

Über das Pitchen eines Preises werde ich im nächsten Artikel erzählen. Heute wollen wir uns ansehen, wie wir zu einem initialen Preis kommen, den wir testen können.

Einen Startpreis durch Problem-Interviews bestimmen

Die Prinzipien oben kommen ins Spiel, wenn Problem-Interviews durchgeführt werden. Da Preisgestaltung und Produkt nicht voneinander separiert werden können, können Sie einen Preis auch nicht direkt aufstellen, ehe Sie nicht ein klares Verständnis davon haben, was Sie bauen, für wen Sie es tun und welche Alternativen bereits existieren.

Das ist genau das, was Sie aus Problem-Interviews mit potenziellen Kunden lernen wollen.

Schauen wir uns an, wie das in der Praxis aussieht. Eines meiner früheren Produkte – BoxCloud – war ein Filesharing-Produkt, das den Prozess der Übertragung großer Dateien vereinfachte. Zwar hätte eine Menge Leute vom zugrundeliegenden Wertversprechen profitieren können, aber hier ist ein Ausschnitt dessen, was ich von den verschiedenen Kundensegmenten gelernt habe:

Konsumenten

  • Bestehende Alternativen: E-Mail, Torrents, persönliche Websites
  • Schmerz-Level: nice to have
  • Preisanker: kostenlos

Grafikdesigner

  • Bestehende Alternativen: FTP-Server
  • Schmerz-Level: niedrig für sie, hoch für ihre Kunden
  • Preisanker: Wert abhängig vom einfachen Setup und einer einfachen webbasierten Oberfläche für Kunden

Rechtsanwälte

  • Bestehende Alternativen: Kuriere
  • Schmerz-Level: hoch
  • Preisanker: 50 Dollar pro Transfer

Ich bekam sogar noch weitere variierende Antworten von Steuerberatern, Medizinern, Architekten, Fotografen, Videospielentwicklern usw.

Dieselbe Kombination aus Produktproblem und -lösung könnte gegen ein atemberaubendes Aufgebot an Kundensegmenten positioniert werden, indem man verschiedene Kanäle und Preispunkte nutzt. Letztlich nutzte ich zwei andere Kriterien – das Schmerz-Level der Konsumenten und den "Ease of Reach" –, um zu priorisieren, dass wir mit dem Grafikdesigner-Segment mit einem 19-Dollar-Starter-Plan anfangen. Schließlich positionierte ich BoxCloud für kleine bis mittlere Unternehmen und launchte einige Jahre später ein separates Schwesterprodukt, um ein anderes Segment zu adressieren – Amateur- und professionelle Fotografen.

Den Preis durch Solution-Interviews pitchen und testen

Beim nächsten Mal werden wir Techniken für das Pitchen und Testen des Preises mit Kunden behandeln, besser gesagt: Wie bekommt man Kunden dazu, dass sie zahlen wollen, bevor das Produkt überhaupt gebaut ist?

Dieser Artikel wurde im Original am 10. September 2013 unter dem Titel Why You Should Never Ask Customers What They’ll Pay von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Seinen Weblog finden Sie unter www.ashmaurya.com/blog. Die Website seines Unternehmens Spark59 erreichen Sie unter http://spark59.com. Mehr Fachartikel bietet unser Lean-Special.

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