Informationsverbreitung via RSS und über soziale Netzwerke: Ergebnisse der RSS-Studie von Jakob Nielsen

Im heutigen Informationszeitalter ist der effektive und effiziente Gebrauch der verschiedenen Kommunikationswege essenziell geworden. In zwei umfassenden Studien hat Usability-Guru Jakob Nielsen den Umgang der Nutzer mit Informationen, die über soziale Netzwerke oder über RSS-Feeds verbreitet werden, analysiert. Die interessanten Ergebnisse fassen wir in diesem und im Folgeartikel zusammen.

Die Studien

Bereits 2005 hat Nielsen mit seinem Team die Rezeption von Postings in News-Feeds untersucht: Im Rahmen klassischer nutzerbasierter Usability-Studien wurde ermittelt, wie User mit verschiedenen RSS-Readern arbeiten und wie sie die Informationen konsumieren.

Drei Jahre später initiierte Nielsen eine weitere Studie. Erneut wurden der Umgang mit News-Readern und zudem das Lese- und Browsing-Verhalten bei der Nutzung der sozialen Netzwerke Facebook, Twitter, MySpace und LinkedIn analysiert, in denen die Teilnehmer die Meldungen von ausgewählten Unternehmen und Organisationen abonniert hatten. Bestandteil der Studien war darüber hinaus das Führen von Tagebüchern, in denen die Teilnehmer ihr Nutzungsverhalten über einen Zeitraum von vier Wochen hinweg detailliert dokumentieren sollten.

Die Ergebnisse beider Untersuchungen haben Nielsen und seine Mitarbeiter vor einiger Zeit in einem umfangreichen Papier zusammengefasst.

Die wichtigsten Ergebnisse

Ältere Nachrichten verschwinden aus dem Bewusstsein
Nachrichten in sozialen Netzwerken und in RSS-Readern nehmen die User in der zeitlich umgekehrten Reihenfolge wahr: Die neusten Meldungen stehen bekanntlich immer oben. Diese schlichte Ordnung bevorzugen die Nutzer den Studien zufolge tatsächlich auch, sie geht allerdings zulasten älterer Nachrichten: Im Rahmen der Untersuchungen ist so gut wie nie beobachtet worden, dass Teilnehmer gezielt nach älteren Postings gesucht hätten. Somit verschwinden diese Informationen automatisch aus dem Bewusstsein, sobald sie nicht mehr auf der ersten Seite aufgelistet sind.

Hier zeigt sich ein entscheidender Nachteil gegenüber den Nachrichten, die per E-Mail verbreitet werden: Ohne dass der Nutzer diese Aktion bewusst auswählt, also Inhalte löscht oder als gelesen markiert, verschwinden Nachrichten einfach wieder. (Zur Stärkung von Kundenbeziehungen wird der Newsletter daher auch auf absehbare Zeit unverzichtbar bleiben.)

Zeitliche Organisation und Frequenz sind wichtig
Nielsen stellt darüber hinaus fest, dass die zeitliche Organisation der Meldungen auf die Frequenz abgestimmt werden muss, mit der die User soziale Netzwerke besuchen. Twitter und Facebook etwa, die die Probanden mehrheitlich täglich frequentieren, eignen sich für häufige Aktualisierungen; MySpace und LinkedIn, die die Studienteilnehmer oft nur im Wochenrhythmus aufrufen, hingegen weniger.

Wichtig ist es hierbei, den richtigen Mittelweg zu finden: Veröffentlichen Unternehmen zu selten, nehmen die Nutzer sie nicht wahr, veröffentlichen sie zu häufig, verdrängt die Nachrichtenflut andere (als wichtiger eingestufte) Inhalte und verärgert die Abonnenten bzw. Follower. Unternehmens-Postings stehen in direkter Konkurrenz zu den News, die die Nutzer privat interessieren.

Erfolgsfaktor Regelmäßigkeit
Ein fundamentaler Erfolgsfaktor ist Nielsens Studien zufolge die Regelmäßigkeit der Informationsverbreitung. Unternehmen, die sich nicht ausgiebig um ihre Präsenzen in sozialen Netzwerken und die Content-Produktion kümmern und nur sporadisch und unregelmäßig Inhalte veröffentlichen, attestieren die Studienteilnehmer einen schlechten Eindruck. Nielsen rät also dazu, nur dann mit entsprechenden Aktivitäten zu beginnen, wenn ein entsprechendes Budget vorhanden ist, um die Auftritte angemessen zu verwalten.

RSS ist nicht mehr so "experimentell"
Im Vergleich zur älteren Studie kommt die jüngere Untersuchung zu dem Schluss, dass sich die Nutzungsgewohnheiten beim Umgang mit RSS-Feeds und -Readern nicht wesentlich verändert haben. Interessant jedoch: Der Großteil der Nutzer ist mit der Bedeutung des Kürzels RSS nach wie vor nicht vertraut, sie wünschen sich erklärende Zusatzinformationen. Den einstigen Ruf als experimentell und "nerdy" konnten RSS-Feeds indes inzwischen einigermaßen überwinden, immer breitere Nutzerkreise greifen auf sorgfältig ausgewählte News-Feeds zurück. Ein Massenphänomen sind RSS-Feeds dennoch nicht und werden es sicherlich auch nicht mehr.

Inhaltliche Qualität: Information statt Werbung
Im Hinblick auf inhaltliche Aspekte machen Nielsens Studien deutlich: Die von Unternehmen kommunizierten News und Informationen in sozialen Netzwerken bieten offenbar häufig keinen Mehrwert, zumindest aus Sicht vieler Nutzer. Mit der inhaltlichen Qualität der Postings hat sich die Mehrheit der Testteilnehmer unzufrieden gezeigt. Kritikpunkt ist vor allem das Ungleichgewicht von viel Werbung auf der einen und wenigen als nützlich eingestuften Informationen auf der anderen Seite.

Nielsen appelliert daher dafür, in Meldungen substanzielle, aktuelle Informationen zu verarbeiten, die auch zum eigenen Unternehmen passen. Ist das der Fall, bescheinigen die Nutzer den Inhalten und damit dem Unternehmen Glaubwürdigkeit, eingebundene Werbung bewirkt das Gegenteil.

Außerdem kommen die Studien zu dem – kaum überraschenden – Schluss, dass die Nutzer von RSS und sozialen Netzwerken kurze, kompakte, gut zu überfliegende Darstellungen bevorzugen.

Gute Nutzererlebnisse durch größte Sorgfalt

Als Usability-Experte hat sich Nielsen natürlich auch der Zufriedenheit der Nutzer angenommen. Laut Nielsen bereitet es den meisten Unternehmen schon erhebliche Schwierigkeiten, den Nutzern der eigenen Corporate Website mit ihren Kontrollmöglichkeiten befriedigende Nutzererlebnisse zu bieten.

Die Schwierigkeiten potenzieren sich durch die Informationsverbreitung via RSS und Social Media – Nielsen spricht hier von einer "Mega-Informationsarchitektur". Ja, die Nutzung von Kommunikationsplattformen wie Twitter und Facebook und die Möglichkeit, Inhalte via RSS auszustrahlen, sorgen für Verbreitungsmöglichkeiten, die traditionelle Newsletter nicht erreichen können. Um zufriedenstellende Nutzererlebnisse zu erreichen, ist allerdings größte Sorgfalt Pflicht.

In seiner Studienauswertung gibt Nielsen nun zahlreiche Empfehlungen, die auf seinen empirisch gewonnenen Erkenntnissen im Hinblick auf die Nutzererwartungen basieren. Im Artikel fassen wir sie in Form von 88 Tipps für RSS und Social-Media-Postings zusammen und stellen sie zur Diskussion.

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Weiterführende Informationen

Zusammenfassung der Studie in Nielsens Weblog
Acht Tipps für einen erfolgreichen Social Media-Auftritt
Das Potenzial von Facebook für Unternehmen
Ihre individuelle Facebook-Fanpage
Twitter für Unternehmen: Wie operationalisiert man das Gezwitscher?
Elf Erfolgsfaktoren für Unternehmens-Tweets
TwentyFeet: Social-Media-Marketing für eine Web-Software


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One thought on “Informationsverbreitung via RSS und über soziale Netzwerke: Ergebnisse der RSS-Studie von Jakob Nielsen”

  1. Knackiger Artikel, die Lektüre des Papers kann ich mir jetzt sparen 😉

    Interessant finde ich den ersten Punkt, “Ältere Nachrichten verschwinden aus dem Bewusstsein”. Ich sehe da für mich eine Differenzierung.

    Beispielsweise in Facebook bevorzuge ich es die jüngsten Meldungen oben zu haben. Das besuche ich aber auch fast täglich. Bei meinen Feeds ist es andersherum. Meinen Google Reader öffne ich nicht jeden Tag, und habe dort alle Feeds so eingestellt, dass die ältesten ganz oben stehen.

    Die Präferenz hängt für mich also mit der Besuchsfrequenz zusammen… Zur These: ich für mich jedenfalls könnte daher nicht sagen dass ältere Meldungen aus dem Bewusstsein verschwinden.

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