Fünf Wege, um Ihre Personas möglichst nutzlos zu machen

Die besten Entwicklungen basieren darauf, dass jeder im Team ein tiefes Verständnis davon hat, wie es ist, ein Nutzer zu sein. Wenn alle dieses Verständnis miteinander teilen, ist es leicht, Software zu entwickeln, die die Bedürfnisse der Nutzer erfüllt.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Entwicklung von Personas und Szenarien eine brillant effektive Möglichkeit ist, um für dieses gemeinsame Verständnis zu sorgen. Ein gutes Persona-Projekt fasst die Ergebnisse Ihrer Nutzerforschung zusammen, grenzt die Anforderungen ein und hilft, innovative Ideen zu priorisieren.

Tatsächlich werden viele Persona-Projekte jedoch nicht gut durchgeführt. In diesen Projekten erkennt man nicht, wie vorteilhaft es ist, Personas gemeinsam zu entwickeln. Im Ergebnis haben diese Teams schwer damit zu tun, alle Beteiligten in ein Boot zu bekommen.

Ehrlich gesagt, staunen wir immer wieder darüber, wie viele unterschiedliche Möglichkeiten es gibt, den Nutzen von Persona-Projekten zu minimieren und sie praktisch wertlos zu machen. Hier sind fünf unserer Favoriten.

Möglichkeit #1: Das Team aus der Nutzerforschung heraushalten

Hinter jedem Entwicklungsteam stehen eine Menge Leute, die das Endergebnis mit beeinflussen. Entwickler beeinflussen das Resultat, wenn sie Design in Code übersetzen. Projektmanager ändern bei der Planung die Prioritäten von Features. Selbst der Firmenanwalt nimmt Einfluss, wenn er sicherstellt, dass die Entwicklung die Compliance-Richtlinien erfüllt.

Teams, die diese Beeinflusser in die Nutzerforschung einbinden, haben am Ende überzeugende Personas und bessere Produkte. Je weiter ein Projekt voranschreitet, desto mehr Beachtung schenken sie den Bedürfnissen der Nutzer. Konsequent demonstrieren sie den Willen, für tolle Nutzerlebnisse zu sorgen und zugleich die Geschäftsziele zu erreichen.

Eine großartige Möglichkeit, den Nutzen Ihres Persona-Projekts zu verringern, besteht darin, diese Leute aus der Vorbereitungs- und Nutzerforschungsphase herauszuhalten. Werden sie aus der Nutzerforschung ausgeschlossen, kennen sie den Ursprung einer Idee nicht, sondern hören nur aus zweiter Hand davon. Wenn es dann an der Zeit ist, eine kluge Entscheidung zu fällen, haben sie die Nutzerforschung nicht im Hinterkopf und stellen häufig die eigene Agenda über die Bedürfnisse der User.

Möglichkeit #2: So wenig Nutzerforschung wie möglich betreiben

Mit guter Nutzerforschung steht oder fällt das Persona-Projekt. Geben Sie dem Team genug Nutzerforschung als Grundlage für die Personas und Sie erkennen deren wahren Wert. Lassen Sie die Nutzerforschung weg und Sie bekommen mit persönlichen Meinungen gefüllte Hülsen.

Es ist verblüffend, wie kreativ Unternehmen sein können, wenn es darum geht, Nutzerforschung zu beschneiden. Sie sei zu teuer oder zu zeitintensiv. Man entscheidet sich für alte Daten oder belebt alte Personas wieder.

Konzentrierte Nutzerforschung ist nicht schwierig, teuer oder zeitraubend. Klar, beim ersten Mal dauert es etwas länger, aber es gibt massenhaft erfahrene Experten, die Sie während dieses Prozesses unterstützen können. In den meisten Projekten ist die Nutzerforschung eine Sache von wenigen Tagen.

Wenn Teams ihre Personas auf die Grundlage alter oder fingierter Daten stellen, sind sie von geringem Wert. Stehen dann irgendwann weise Entscheidungen an – exakt zu diesem Zeitpunkt entfalten solide Personas ihre Macht –, kann niemand den Personas als Wegweiser vertrauen. (Noch schlimmer ist es, wenn das Team meint, die fingierten Daten wären echt. Dann basieren Entscheidungen auf purer Fiktion.)

Möglichkeit #3: Sich die Ergebnisse der Nutzerforschung einfach merken wollen

Aus der Nutzerforschung resultiert ein ganzer Wust von Daten, den man analysieren und mit dem man arbeiten muss: Was sagen die Teilnehmer, was tun sie, in welcher Umgebung arbeiten sie, wie erfahren sie die Software? All diese Informationen fließen in die Personas ein.

Nun haben wir allerdings Teams getroffen, die versuchen, sich jede Session einfach zu merken. Sie notieren nicht und zeichnen nicht auf, was sie sehen. Sie behalten (vermeintlich) alles im Kopf.

Dabei ist es gar nicht schwer, eine Routine für die Sammlung der Daten zu entwickeln. Das kann zum Beispiel ganz einfach erfolgen, indem man sich nach jeder Session kurz zusammensetzt und die Details in einem Dokument gemeinsam zusammenträgt.

Wenn Sie versuchen, alle Details im Kopf zu behalten, laufen Sie Gefahr, beim Entwickeln der Personas zu viel Gewicht auf die letzten Sessions zu legen, weil Sie sich an diese eben am besten erinnern. Womöglich gibt es auch Missverständnisse, wo und wann genau Sie was beobachtet haben. Am Ende repräsentieren die Personas die realen Nutzer nicht – und haben wir einen weiteren Weg identifiziert, wie man Personas nutzlos macht.

Möglichkeit #4: Allgemeingültige Personas entwickeln

Vielleicht befürchtet man, nur diese eine Chance auf ein Persona-Projekt zu haben? Vielleicht ist das Persona-Projekt das Baby einer hochrangigen Führungskraft, die nichts von den ganzen Details eines spezifischen Projekts weiß und wissen will? Aus welchem Grund auch immer: Allgemeingültige Personas, die alle denkbaren Nutzer, Situationen und Ziele abdecken sollen, sind ein tolles Rezept, wenn man seine Persona-Projekte in Gefahr bringen will.

Personas und besonders Szenarien bringen am meisten, wenn sie detailliert sind und haargenau zu einem spezifischen Projekt passen. Wenn Sie daran arbeiten herauszufinden, wie Ihre Nutzer ihre Fotos ausdrucken, müssen Sie, wenn sich Ihre Personas auszahlen sollen, die Bedürfnisse und Wünsche der User verstehen, die sie rund ums Ausdrucken haben. Der beste Wegweiser für das Team ist größtmögliche Spezifikation.

Der Versuch, einige wenige Personas zu entwickeln, die für die nächsten zwei Jahre in jedem Projekt eingesetzt werden, ist ein sicheres Rezept für Misserfolge. Und der Versuch, eine Handvoll Szenarien zu erstellen, die alle Anforderungen aller neuen Features abdecken, ist reine Zeitverschwendung.

Die besten Teams fokussieren sich mit ihren Personas und Szenarien auf die nächsten Funktionalitäten. Wenn sie das tun, ist die Nutzerforschung einfacher, die Entwicklung von Personas und Szenarien geht schnell von der Hand, und die Ergebnisse sind höherwertig. Ständig ergeben sich neue Einsichten, da die Szenarien sehr eng an die Arbeit des Teams gekoppelt sind.

Möglichkeit #5: Die Personas schnell begraben

Ein Persona-Projekt ist nicht beendet, wenn die Personas fertig auf dem Tisch liegen. Tatsächlich fängt es dann gerade erst an.

Personas und Szenarien kommen dann ins Rollen, wenn das Team sie in jedem Stadium der Entwicklung nutzt. Dann werden sie zu einem mächtigen Werkzeug, um die Anforderungen an das Ergebnis zu extrahieren. Sie sind essenziell, wenn es darum geht, zu identifizieren, welche Design-Alternative den Bedürfnissen der User (und des Unternehmens) eher entspricht.

Sie helfen, User-Stories in agilen Projekten und Anwendungsfälle für die Entwickler zu definieren. Qualitätssicherungsteams dienen sie als Richtlinie dafür, wann ein Ergebnis abgenommen werden kann. Sie sind unglaublich nützlich für Marketing-Aktivitäten.

Das Problem besteht darin, dass viele Teams ihre Personas in dem Moment begraben, in dem sie sie fertiggestellt haben. Sie arbeiten hübsche Dokumente aus, vielleicht sogar Poster oder PowerPoint-Präsentationen, und dann vergessen sie die armen Burschen augenblicklich. Sobald sie die Aufgabe "Personas entwickeln" erledigt haben und mit dem Projekt weitermachen, kehren sie nie wieder zurück, um den Lohn für ihre Arbeit einzuheimsen.

Ein Team, mit dem wir zusammengearbeitet haben, beginnt jedes Projektmeeting damit, die Beschreibungen der gerade relevanten Personas und die Szenarien laut vorzulesen, ganz wie bei einem Treuegelöbnis. Der Effekt: Alle Beteiligten haben ständig präsent, für wen entwickelt wird und warum. Diese Methode finden wir so toll, dass wir sie heute jedem Team empfehlen.

Machen Sie Ihre Persona-Projekte nicht zur Zeitverschwendung!

Die Erstellung großartiger, nützlicher Personas kostet sicherlich etwas Mühe, Zeit und Ressourcen. Wenn man es gut macht, was gar nicht so schwierig ist, entfalten sie ihren Nutzen über das gesamte Projekt hinweg und berühren jeden Aspekt der Entwicklung.

Wie sich herausgestellt hat, ziehen diejenigen Teams den größten Nutzen aus ihren Personas, die das gesamte Team in die Vorbereitung und Entwicklung der Personas involvieren. Sie richten ihre Szenarien eng an den Funktionalitäten aus, an denen sie gerade arbeiten, und stellen sicher, dass die Personas das gesamte Projekt überleben.

Diese Teams teilen ein gemeinsames Verständnis davon, worum es den Nutzern geht. Und ihre Ergebnisse sind von A bis Z bessere Produkte, die man einfach lieben muss.

Dieser Artikel wurde im Original am 21. September 2011 unter dem Titel 5 Ways To Suck Value Away From Your Persona Projects von Jared M. Spool veröffentlicht. Jared M. Spool gehört zu den führenden Usability-Experten unserer Zeit. Seine Website erreichen Sie unter http://www.uie.com. Weitere Artikel von Jared M. Spool finden Sie im Usability-Special von //SEIBERT/MEDIA.

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