Lean Startup: Die Kraft einer guten Strategie (Teil 1)

Als Mark Zuckerberg Facebook im Jahr 2004 startete, war er nicht der erste, der eine Social-Networking-Plattform baute. Es gab vor Facebook etliche andere Social-Networking-Plattformen – viele mit Millionen von Dollar finanziert und mit Millionen von Nutzern. Trotzdem hat er es geschafft, die größte Social-Networking-Plattform auf dem Planeten zu entwickeln.

Wie konnte Facebook es hinbekommen, gegen größere und besser finanzierte Konkurrenten zu gewinnen, die einen enormen Vorsprung hatten? Die Antwort: Facebook hat mit Strategie gewonnen – nicht mit einer ursprünglichen Gründungsvision oder einem inhärenten unfairen Vorteil.

Was ist Strategie?

Man fragt ein Dutzend Leute, was Strategie für sie bedeutet, und man bekommt wahrscheinlich ein Dutzend unterschiedliche, emotional gefärbte Antworten wie diese:

Strategie ohne Taktik ist die langsamste Route zum Sieg. Taktik ohne Strategie ist der Lärm vor der Niederlage. - Sun Tzu

Der Begriff Strategie erschien im Zusammenhang mit dem modernen Management unserer Zeit erst in der 60er Jahren auf der Bildfläche, aber er hat seine Wurzeln in der uralten östlichen und westlichen Militärphilosophie. Seitdem ist viel über strategisches Denken und Planen publiziert worden. 1998 schlug Henry Mintzberg fünf Wege vor, Strategie zu denken:

  1. als Plan
  2. als Muster
  3. als Perspektive
  4. als Positionierung
  5. als List

Ich würde einwenden, dass all diese Definitionen zwar scheinbar unterschiedlich aussehen, aber jede ist eine Möglichkeit, ein bestimmtes Ziel unter Bedingungen der Unsicherheit zu erreichen.

Strategie als Wie

Das High-Level-Ziel eines jeden Unternehmens ist es, das volle Potenzial einer Idee zu verwirklichen, oder spezifischer: ein wiederholbares und skalierbares Geschäftsmodell zu entwickeln.

Zu viele Entrepreneure machen den Fehler, die unten gezeigte Innovationspyramide hinauf zu stürzen und sich auf das zu fokussieren, was sie bauen (Produkt), statt sich erst die notwendige Zeit zu nehmen, um ihre Vision und ihre Strategie in Ordnung zu bringen.

Lean Startup Strategie

Vision und Strategie sind fundamentale Bestandteile dieser Pyramide, ohne die selbst ein gutes Produkt den Widrigkeiten des Marktes nicht standhalten kann. Während wir eine starke Vision brauchen, um unser Ziel zu definieren, ist es ultimativ unsere Strategie, die hilft, unser Ziel zu erreichen.

Strategie als Muster

Wissenschaft gründet auf dem kollektiven Wissen vieler. Innovation ist da nicht anders.

Wenn ich weiter geblickt habe, so deshalb, weil ich auf den Schultern von Riesen stehe. - Isaac Newton

Sam Walton war dafür bekannt, über große Distanzen zu reisen, um seine Konkurrenten zu studieren. Er brachte neue Ideen mit, beispielsweise die zentralisierten Schnellkassen unserer Tage, die er als erster in einigen seiner Geschäfte ausprobierte. Es funktionierte da, und er rollte sie in allen seinen Läden aus.

Ganz ähnlich hat Google das automatische auktionsbasierte Anzeigensystem (in AdWords) nicht erfunden, das heute ihr Kern-Geschäftsmodell antreibt. Sie borgten sich die Idee bei einem engen Rivalen aus (Overture) und erhöhten ihren Einsatz bezüglich dieser Strategie, als diese ihren Banner-basierten Advertising-Ansatz um das Dreifache übertraf.

Analogs kommen nicht nur von Rivalen. Charles Darwin wurde massiv von einem anderen Charles (Lyell) beeinflusst, dessen Buch (Principles of Geology) er auf der Beagle mit sich führte. Lyell plädierte für die allmähliche Evolution der Erde durch geologische Prozesse, was Darwin half, seine Evolutionstheorie zu formulieren (die Lyell ironischerweise viele Jahre lang ablehnte).

Viele Geschäftsmodell-Innovationen entstehen auch aus dem Neuvermengen bestehender Muster über diverse Bereiche hinweg. Entbündelung (Musik von CDs, TV-Kanäle aus dem Kabel etc.), Disintermediation, die Sharing Economy (wie Airbnb) sind alles Muster, die wiederholt in vielen anderen Bereichen angewandt worden sind. Wer ein High-Level-Konzept in seinem Lean Canvas nutzt, arbeitet normalerweise mit einem oder mehreren Analogs, beispielsweise einem Airbnb für Parkplätze.

Strategie als Differenzierung

Während ein Analog für unsere Strategie Starthilfe leisten kann, müssen wir immer noch eine Differenzierung entwickeln (auch bekannt als unser unfairer Vorteil). Eine, die Nachahmer und Konkurrenten fernhält, die unweigerlich in den Markt eintreten, wenn wir erfolgreich sind.

Wahnsinn: Immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten. - Albert Einstein

Die schlechte Nachricht ist, dass wir – wie Mark Zuckerberg – nicht immer von Tag eins an einen inhärenten unfairen Vorteil haben. Die gute Nachricht ist, dass wir oft wissen, woher dieser unfaire Vorteil kommen muss (große Netzwerkeffekte im Fall von Facebook). Aber wir wissen immer noch nicht, wie wir dorthin kommen.

Die meisten unfairen Vorteile fangen zunächst als Geheimnis an.

Ein Geheimnis ist eine einzigartige Gelegenheit, die andere nicht sehen. – Peter Thiel, Zero to One

Geheimnisse können Geheimnisse der Natur oder Geheimnisse über Leute sein. Das Facebook-Geheimnis war eines über Leute. Mark stellte schnell fest, dass Leute gerne reden (um sich zu verbinden, um zu tratschen usw.) und dass der moderne Alltag dem im Wege steht. Der effektivste Weg, ein großes soziales Netzwerk zu bauen, bestand nicht darin, ein brandneues Network zu erschaffen, das auf schwachen Vernetzungen basiert (eine Strategie, die seine Konkurrenten verfolgten), sondern darin, Reibung aus den vorher bestehenden Social Networks zu entfernen. Der Harvard-Campus (wie jeder andere Campus) war die perfekte Petrischale für sein Experiment.

Um Geheimnisse wie dieses aufzudecken, sind gründliche Beobachtung und sogar ein Studium von Anti-Mustern oder Antilogs hilfreich. Das Konzept der Antilogs haben Randy Komisar und John Mullins in ihrem Buch "Getting to Plan B" als erste bekannt gemacht. Es handelt sich um frühere Implementierungen von etwas Ähnlichem, die entweder gescheitert sind oder es nicht geschafft haben, das volle Potenzial der Vision zu verwirklichen.

Wie fangen wir das alles nun ein? Während das Lean Canvas hocheffektiv beim Abbilden einer Gesamtvision (und einiger Aspekte der Strategie) ist, wollte ich etwas, das nur diesem Zweck dient. Es musste auf eine einzelne Seite passen und es musste in der Lage sein, sowohl die Gesamtstrategie als auch die kürzerfristigen strategischen Ziele wie neue Features oder Marketing-Kampagnen zu erfassen.

Für diesmal will ich mich nur auf Ersteres konzentrieren.

Dazu aber mehr im zweiten Teil dieses Artikels.

Dieser Artikel wurde im Original am 9. Juni 2015 unter dem Titel The Power of a Good Strategy von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Seinen Weblog finden Sie unter http://leanstack.com. Die Website seines Unternehmens Spark59 erreichen Sie unter http://spark59.com. Mehr Fachartikel bietet unser Lean-Special.

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