Gruppenchat für Teams: Kann Fleep gegen HipChat und Slack ankommen?

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Atlassian push HipChat wirklich enorm und steckt viel in die Weiterentwicklung. Das ist auch klug und vorausschauend, denn wahrscheinlich wird Instant Messaging für Teams und im gesamten Unternehmen schon in naher Zukunft so wichtig wie die E-Mail werden. Nachdem Atlassian HipChat Server ausgeliefert hat, das hinter der Firewall in der eigenen Infrastruktur betrieben werden kann, erleben wir viele Kunden, die dieses Instant-Messaging-Angebot nun sehr ernsthaft evaluieren. Einer unserer Kunden betreibt die zurzeit wohl größte HipChat-Server-Lösung überhaupt – so groß, dass sie das offizielle Maximum an Nutzern übersteigt und Atlassian eine "Beta-Lizenz" ausgegeben hat, damit der Kunde das System testen und Atlassian Rückmeldungen hinsichtlich der Performance geben kann.

Atlassian bietet momentan die einzige Behind-the-Firewall-Lösung dieser Art, die mir als ausgereift bekannt ist. Ich gestehe aber, dass ich Mattermost erst noch eine faire Chance geben muss. Auf deren Website steht: "Mattermost is an open source, self-hosted Slack-alternative." Und Slack ist das Produkt, hinter dem die Branche her ist. Slack ist der Mitbewerber, hinter dem auch Atlassian her ist. Sie gehen so sehr in diesem Wettbewerb mit dem Konkurrenten aus Silicon Valley auf, dass sie dort sogar Plakatwerbung geschaltet haben, um sicherzustellen, dass auch der nerdigste Tech-Geek begreift, dass HipChat gekommen ist, um zu bleiben.

TechCrunch berichtet, dass Slacks extrem schnell wachsende Kommunikationsplattform Ende 2015 bereits zwei Millionen täglich aktive User und 570.000 bezahlte Accounts hatte. Der Tech-News-Riese ist ganz besessen von Slack: Zehn News-Meldungen im vergangenen Dezember sprechen eine deutliche Sprache – mehr als zwei Artikel pro Woche, und das trotz Weihnachten und Jahreswechsel.

Ich persönlich habe nie angenommen, dass Slack HipChat auf lange Sicht schlagen wird. Es ist ein Witz, dass diese App höher bewertet wird als das gesamte Unternehmen Atlassian. Man muss wahrscheinlich im Valley leben, um das zu verstehen. HipChat und Slack sind im Hinblick auf Features ziemlich gleichauf, wobei Slack ein paar relevante Vorteile hat (z.B. UX und Multi-Account-Unterstützung). Aber mit der On-premise-Option ist Atlassian zurzeit ohne Konkurrenz. Zwar reden alle permanent von der Cloud. Aber wer kann, betreibt Systeme trotzdem in der eigenen Infrastruktur. Und man kann eben. HipChat Server ist stabil und schnell. Sicherlich nicht billig. Aber im Vergleich zu Slack dann doch wieder preiswert. 😉

(Hier ist meine Antwort auf das Quora-Posting von Slack-Gründer Stewart Butterfield, in dem er sagt, Slack wäre günstig. Und hier habe ich eine Vergleichstabelle erstellt.)

Aber es gibt einen neuen Mitspieler: Fleep.io. Auf diesen Dienst hat mein Freund Gerrit Eicker (eicker.digital) mich aufmerksam gemacht, und wir haben angefangen, ihn auszuprobieren, wie wir es öfter mit vielversprechenden neuen Tools tun: Vor ein paar Jahren hat Gerrit mir beispielsweise geholfen, Google Wave für einen TechCruch-Artikel zu testen. Nun war Fleet dran. Hier ist eine kurze Einschätzung:

Fleep ist so elegant wie Slack. Die E-Mail-Integration ist deutlich besser als bei Slack und HipChat, und aktuell ist es günstiger als beide Lösungen (derzeit 1 Dollar pro User und Monat, in naher Zukunft dann 3 Dollar). Es hat eine beeindruckende Web-Oberfläche, native Clients für alle relevanten Desktop- und mobilen Umgebungen und Integrationsmöglichkeiten mit anderen Anwendungen, die HipChat und Slack so mächtig für Teams gemacht haben.

E-Mail-Integration

In diesem Bereich kann Fleep wirklich punkten. Der Hersteller selbst beschreibt das Feature so: "Fleep bringt die gesamte schriftliche Kommunikation an einem Ort zusammen. Mit Fleep können Nutzer mit ihrem Team, mit Partnern und mit Kunden chatten. Ist jemand noch kein Fleep-User, kann er trotzdem mit seiner E-Mail-Adresse in die Kommunikation eingebunden werden und erhält dann alle Nachrichten und Dateien als normale E-Mails."

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Der Screenshot oben ist auf den ersten Blick vielleicht nicht besonders aufregend, aber was er zeigt, ist geeignet, dem Spiel gegen Slack und HipChat eine Wende zu geben. Der spezielle Link und die E-Mail-Adresse erlauben es jedermann, an der Konversation teilzunehmen. Es ist egal, ob man einen Fleep-User hat oder nicht. Das ist nicht nur sehr praktisch, wenn man Kunden und andere Außenstehende einbinden will. Es wird dem Service der Skype-Gründer aus Estland auch helfen, in neue Bereiche zu wachsen. Slack und HipChat sind dagegen stark an ein einzelnes Unternehmen oder eine einzelne Gruppe gebunden und haben Probleme damit, eine nahtlose Kommunikation auch über mehrere Gruppen und Organisationen hinweg zu ermöglichen.

Fusion aus Google Inbox und Gruppenchat

Ein weiterer großer Vorteil ist der Ansatz der Konversationen. In HipChat und Slack gibt es Gruppen, die in größeren Unternehmen drastisch wachsen können. In Fleep dagegen lassen sich Konversationen auf ähnliche Weise einsehen und archivieren, wie Google Inbox E-Mails gruppiert und behandelt. Das ist beeindruckend und eine sehr gute Idee, wenn es darum geht, ein großes Volumen an eingehender Kommunikation in solchen Software-Plattformen zu handhaben.

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Integrationsmöglichkeiten

Der Umfang an Integrationsmöglichkeiten mit anderen Tools ist mit aktuell elf deutlich geringer als bei der Konkurrenz. Slack hat ein App Directory und bietet dort mehr als 150 Apps. Für Atlassian HipChat gibt es zurzeit 118 Integrations.

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Zitieren

Fleep hat ein elegantes Feature, um die Nachricht eines anderen Nutzern zu zitieren und zu kommentieren.

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In-App-Aufgaben

In Chats können (wie in Slack und HipChat) andere Nutzer per Mention erwähnt werden. Außerdem gibt es in Fleep Aufgaben. Diese Aufgaben werden in der rechten Spalte angezeigt, die ausklappbar ist. Ich bin gespannt, wann Fleep Whitelabeling und Custom Domains für die E-Mail-Integration einführt.

Support-Antworten von Fleep

Wir hatten im Rahmen unserer Evaluation eine ausführliche Q&A-Session mit Katheriin vom Fleep-Support. Dies waren die relevantesten Aussagen:

Wie steht es mit der Sicherheit? Verschlüsselt Fleep die Nachrichten?

Fleep ist so sicher wie möglich. Wir nutzen SSL-Verschlüsselung mit Perfect Forward Secrecy zwischen dem Nutzer und unseren Servern. Nachrichten und Dateien werden in verschlüsselter Form auf den Servern gespeichert. Diese sind in Amazon-EC2-Rechenzentren in Dublin gehostet und bieten ein hohes Maß an physischer Sicherheit und zusätzlichen Schutz die strengen EU-Gesetze zum Daten- und Kundenschutz. Als estnischer Anbieter müssen wir Landesrecht befolgen. Wenn die estnische Gerichtsbarkeit Zugriff auf unsere verschlüsselten Informationen verlangen würde, müssten wir dem stattgeben. Das ist bisher aber noch nie passiert.

Wie steht es mit Whitelabeling? Wird es möglich sein, die eigene Top-Level-Domain zu nutzen? Und wie sieht es mit einer selbst gehosteten Lösung aus?
Beides sind wahrscheinlich künftige Optionen, aber nicht im Moment.

Wo gibt es Hintergrundinfos hinsichtlich der API?

Diese Seite sollte die meisten Fragen zur API beantworten: Fleep API.

Habt ihr Erfahrungen mit Nicht-Fleep-Nutzern und der E-Mail-Integration? Ich fürchte, das Fleep für diese User tendenziell sehr spammig werden kann. Beschränkt Slack sich selbst, wenn das System weiß, dass externe Leute an der Konversation beteiligt sind? Funktioniert das?

Ja! Wir berücksichtigen definitiv, wenn Leute mit ihren E-Mail-Adressen eingebunden sind oder wenn eine Eins-zu-eins-Konversation mit jemandem stattfindet, der E-Mail nutzt. Allerdings ist Fleep klug genug, um Nachrichten, die innerhalb eines 30-Sekunden-Intervalls gesendet werden, zusammen zu gruppieren. Wenn also jemand anderes einige kurze Nachrichten schnell hintereinander sendet, packt Fleep diese in eine einzelne Mail.

Gibt es eine Roadmap bezüglich der Team-Management-Funktionalitäten? Oder anders gefragt: Was macht Premium zu Premium?

Wir planen, Team-Management-Features in der zweiten Jahreshälfte 2016 auszurollen. Allerdings haben wir uns bis hierher nicht allzu sehr auf das Premium-Package fokussiert, sondern auf Nutzerwachstum und die Verbesserung der E-Mail-Integration. Premium steht als nächstes an.

Wie viele aktive Nutzer habt ihr bis jetzt?

Oh, die exakte Zahl darf ich nicht rausgeben. 😉 Aber ich kann sagen, dass wir aktuell über 40.000 Signups haben, und die täglich aktiven Nutzen gehen auch in die Tausende.

Wer sind eure Hauptkonkurrenten? Inwiefern unterscheidet sich euer Marktansatz?

Sehr gute Frage! Unsere Hauptkonkurrenten sind wirklich E-Mail-Clients. Wir wurden mit allen möglichen Team-Messengern verglichen (z.B. Skype, HipChat, Slack), da das Nutzererlebnis und die Oberfläche ähnlich sind, aber wirklich – was wir tun, macht aktuell niemand sonst. Die meisten Team-Messenger sind Inseln bzw. geschlossene Systeme: Man kann nur mit den Leuten kommunizieren, die auf dieser Plattform sind. Fleep ist sehr offen, da wir die Brücke E-Mail haben. Also ist die E-Mail unsere Hauptkonkurrenz.

Seht ihr Probleme, dass euer Geschäftsmodell nicht funktionieren könnte, weil ihr so offen seid? Womit HipChat und Slack Umsatz machen, ist klar. Aber mit eurem Dienst ist es einfacher, Leute mit kostenfreien Accounts zu integrieren.

Wir glauben, dass die Team-Management-Features essenziell und notwendig für Business-User sein und den Umsatz antreiben werden.

Ist Fleep mit Venture-Kapital finanziert? Durch wen und mit wie viel?

Noch nicht. Alle Infos zu unserer Finanzierung sind öffentlich hier einsehbar: https://angel.co/fleep-1.

Gerade haben wir die Adresse eicker@fleep.io auf Facebook gepostet: Hat Fleep einen Spam-Filter für eingehende Mails?

Das ist in Arbeit und wird in den nächsten ein, zwei Monaten ausgerollt. Intern experimentieren User schon damit. Derzeit kann man eingehende E-Mail-Nachrichten nur als Spam berichten.

Zusammenfassung

Fleep.io gibt es seit Ende 2012. Ich bin ein bisschen überrascht, dass ich nicht schon längst darüber gestolpert bin, denn der Dienst ist wirklich vielversprechend. Für unsere Kunden (große Unternehmen) ist es allerdings eher ein nettes Beispiel und kein Tool, das sie seriös evaluieren würden, denn diese Kunden legen größten Wert darauf, ihre Daten zu besitzen und zu kontrollieren – da können die Leute noch so viel von der Cloud reden.

Ich freue mich auf den Tag, an dem die HipChat-UI-Extensions wirklich in die Apps integriert sein werden. Damit könnte HipChat seinerseits das Spiel drehen und es könnte zu einer Situation führen, in der HipChat wirklich zum Zentrum und zu einer Art Betriebssystem der täglichen Kommunikation und Entscheidungen wird. Aber auch heute ist HipChat die einzige Gruppenchat-Lösung, die ich unseren Kunden – wie gesagt größeren und großen Unternehmen – empfehlen kann. Ich bin gespannt, wie sich dieser Markt weiterentwickelt.

Was meinen Sie? Welche IM-Lösung setzen Sie ein? Was fehlt Ihnen daran? Würde Ihnen eine E-Mail-Integration wie in Fleep gefallen? Wie wichtig ist Self-Hosting für Sie?

Weiterführende Infos

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