Lean Startup: Das Bootstart-Manifest

Es gab noch nie eine bessere Zeit, um unsere "großen Ideen" anzupacken. Dieses Manifest zeigt wie.

1. Entrepreneure sind überall

Zwar mögen wir unterschiedlich aussehen und verschiedene Sprachen sprechen, aber die Welt ist flacher als je zuvor. Wir durchleben eine globale unternehmerische Renaissance, die von der weltweiten Explosion an universitären Entrepreneur-Programmen, Startup Accelerators und Corporate Innovation Incubators bezeugt wird, die allein in den letzten fünf Jahren gestartet sind.

Wir alle wünschen die gleichen Dinge und fürchten die gleichen Dinge.

2. Die Persona des Garagenunternehmers hat sich verändert

Entrepreneure sind nicht mehr die zwei Typen in einer Garage. Sie sind in allen Gesellschaftsschichten zu finden. Die Gründe für die plötzliche Steigerung sind hierin zu suchen:

Steigende Verschuldung von Studenten
Die Schulden von Studenten haben in den Vereinigten Staaten zuletzt die Eine-Billion-Marke durchbrochen. Wir bilden die nächste Generation von Angestellten zu ständig steigenden Studienkosten aus, aber gute Arbeit ist schwieriger zu finden geworden... Mehr Studenten streben stattdessen nach unternehmerischer Bildung und unternehmerischen Erfahrungen, während sie am College (oder sogar noch an der Highschool) sind – manche mit dem Ziel, das nächste Facebook zu bauen, während andere sich einfach besser rüsten wollen.

Keine lebenslange Beschäftigung
Mit der schwindenden Sicherheit einer lebenslanger Beschäftigung mit anschließender Pension streben mehr Leute danach, auf den Fahrersitz zu kommen und die Kontrolle über das eigene Schicksal zu übernehmen. Side-Business-Startups sind im Kommen.

Die Notwendigkeit für große Unternehmen, zu innovieren oder Opfer von Disruption zu werden
Das Tempo der disruptiven Innovation hat sich über das letzte Jahrzehnt hinweg verschärft; Blockbuster war so ein großes Opfer. Selbst wer einst Disruptor war, ist allmählich der Disruption durch Newcomer ausgesetzt. Das hat die immer wichtiger werdende Rolle von Intrapreneuren nochmals verstärkt.

3. Es gibt keine bessere Zeit zum Starten

Was die Aufnahme von Unternehmertum weltweit wirklich angetrieben hat, war der Fakt, dass wir alle (dank Internet, Globalisierung und verfügbaren Technologien wie Open Source und Cloud Computing) zum ersten Mal in der Geschichte mehr oder weniger Zugang zu den gleichen Tools, dem gleichen Wissen und den gleichen Ressourcen hatten. Es ist billiger und schneller als je zuvor, ein neues Geschäft zu gründen, und es gibt keine bessere Zeit dafür als die Gegenwart.

Das ist für uns alle eine unglaubliche Möglichkeit. Aber es gibt über alldem eine dunkle Wolke.

4. Nach wie vor scheitern die meisten Produkte

Zwar entwickeln wir mehr Produkte als jemals zuvor, aber die traurige Wirklichkeit ist, dass die Erfolgsrate sich kaum verändert hat. Die Wetten stehen nach wie vor extrem schlecht gegen ein neues Unternehmen und die meisten dieser Produkte scheitern leider.

Und das ist ein echtes Problem.

Wir stecken viel von unserer Zeit, unserem Geld und unserer Kraft in diese Produkte. Speziell für erstmalige Entrepreneure kann ein Scheitern wirklich ein Rückschlag sein – sowohl emotional als auch finanziell.

5. Ein Dutzend Gründe für das Scheitern von Produkten

Hier sind zwölf Gründe, die wir üblicherweise mit gescheiterten Ideen in Verbindung bringen:

  1. Kein Geld
  2. Schwaches Team
  3. Schwaches Produkt
  4. Schlechtes Timing
  5. Keine Kunden
  6. Konkurrenz
  7. Mangel an Fokus
  8. Mangel an Hingabe
  9. Schlechter Ort
  10. Nicht profitabel
  11. Burnout
  12. Rechtliche Probleme

6. Der Hauptgrund, aus dem Produkte scheitern

Im Zentrum all dieser Gründe steckt ein Kerngrund:

Wir bauen einfach etwas, das niemand will.

All die anderen Gründe sind sekundäre Manifestationen oder Rationalisierungen dieser brutalen Wirklichkeit.

Warum passiert das? Ich schreibe der bemerkenswerten Hingabe des Entrepreneurs für seine Lösung die Hauptschuld an diesem Scheitern zu. Es ist die Voreingenommenheit des Innovators, die dazu führt, dass wir uns in unsere Lösung verlieben; sie bringt uns dazu, dass wir es als unsere alleinige Mission erachten, "unser Baby zum Leben zu erwecken".

Aber der Build-first-Ansatz geht in die falsche Richtung. Er geht deshalb in die falsche Richtung, weil wir eine Lösung nicht mit Brachialgewalt treiben können, ohne dass es ein zuvor bestehendes Problem gibt.

7. Der zweite Grund, aus dem Produkte scheitern

Mit etwas zu scheitern, erfordert zu starten. Der Grund Nummer zwei, warum Produkte scheitern, besteht darin, dass sie nie gestartet werden. Wir investieren zu viel Zeit in Analysen oder in Planung oder in Ausreden fürs Nicht-Starten – wir warten, um erst einen Business-Plan zu schreiben oder Investoren zu finden oder nach Silicon Valley zu gehen.

8. Wir brauchen keine Genehmigung zum Starten

Die Welt hat sich verändert. Wenn wir ein Jahrzehnt zurückblicken, war Gründung teuer. Für Software-Lizenzen, um das Produkt zu bauen, oder Büroräume für unser Team waren Kapitalinvestitionen erforderlich. Heute sind diese Dinge kostenlos.

Die Frage lautet heute nicht: "Können wir das bauen?"

Sondern: "Sollten wir das bauen?"

Wir brauchen nicht Unmengen an Geld, Leuten und Zeit, um diese Frage zu beantworten. Und zwar deshalb...

9. Liebe das Problem, nicht die Lösung

Es beginnt mit einem fundamentalen Umdenken. Unsere Kunden interessieren sich nicht für unsere Lösung, sondern für ihre Ziele. Wenn wir die Probleme oder Hürden identifizieren, die sie auf dem Weg zu ihren Zielen behindern, identifizieren wir die richtige Lösung.

Mehr Leidenschaft für unsere Lösung als für das Problem unseres Kunden zu haben, ist ein Problem.

10. Keinen Business-Plan schreiben

Das Schreiben von Business-Plänen dauert zu lange, und das ganze Ding liest sowieso niemand. Erstellen wir stattdessen ein Geschäftsmodell von einer Seite Umfang. Dazu brauchen wir 20 Minuten statt 20 Tage. Die Leute können nicht anders, als es zu lesen und zu sagen, was sie denken. Das ist ein Gewinn.

Mehr Zeit in den Aufbau statt in die Planung des Unternehmens investieren.

11. Das Geschäftsmodell ist das Produkt

Es gibt kein Geschäft in unserem Geschäftsmodell ohne Umsatz. Umsatz ist der Sauerstoff. Wir leben zwar nicht für Sauerstoff, aber wir brauchen Sauerstoff zum Leben. Nicht anders ist es bei unserer die Welt verändernden Idee.

Bevor wir uns in die Umsetzung stürzen, müssen wir sicherstellen, dass die zugrundeliegenden Probleme, die wir im Schritt zuvor identifiziert haben, ein monetarisierbares Problem repräsentieren, das es wert ist, gelöst zu werden.

Der beste Beleg für einen monetarisierbaren Schmerz ist ein ausgefüllter Scheck.

12. Fokus auf Zeit versus Timing

Wir können das Timing unserer Idee nicht kontrollieren, aber wir können kontrollieren, wie lange wir uns mit einer Idee beschäftigen. Anders als die Faktoren Geld und Personal, die auf und ab fluktuieren können, bewegt sich die Zeit nur in eine Richtung.

Zeit ist unsere knappste Ressource. Setzen wir sie weise ein.

Timeboxing ist alles. Eine Deadline ist so mächtig, weil sie definitiv kommt – natürlich vorausgesetzt, dass die Welt nicht zuerst ihr Ende findet. Wir setzen einen Termin mit unserem Team auf, um die Ergebnisse zu teilen und zu diskutieren, wie wir von dort, wo auch immer wir uns am Ende der Deadline befinden, weiter vorwärtskommen. Wir setzen eine weitere Deadline und arbeiten. Das ist der beste Weg, um eigenverantwortlich zu sein.

13. Nicht be-, sondern entschleunigen

Zeitliche Optimierung bedeutet nicht, alles schnell zu machen, sondern besser abzubremsen, um sich auf die richtigen Dinge zu fokussieren. Paretos 80/20-Regel greift hier. Die größten Resultate entstehen aus ein paar Schlüsselaktionen.

Unsere Aufgabe ist es, zuerst zu priorisieren, was am riskantesten ist, und den Rest zu ignorieren – bis er zu dem wird, was am riskantesten ist.

14. Keine unechte Validierung, sondern Traction

Die Zahl der Features, die Größe des Teams oder unser Bankguthaben sind nicht die richtigen Maße für Fortschritt.

Es gibt nur eine Metrik, die zählt – Traction.

Traction ist die Rate, bei der wir monetarisierbaren Wert von Kunden abschöpfen.

Fragen wir die Leute nicht, was sie von unserer Idee denken. Nur Kunden zählen.

Fragen wir die Kunden nicht, was sie von unserer Idee halten. Messen wir, was sie tun.

15. "Scheitern" aus unserem Vokabular streichen

Der Fail-fast-Mem dreht sich darum, Scheitern als Teil des Kurses zu umarmen. Allerdings ist das Tabu des Scheiterns so lähmend, dass die meisten Leute sehr hart daran arbeiten, es zu vermeiden, zu beschönigen oder vorm Scheitern davonzulaufen. Das ist kontraproduktiv. Wir müssen "Scheitern" stattdessen komplett aus unserem Wortschatz entfernen.

  1. Wir brechen unsere großen Ideen in kleine, schnelle, additive Experimente auf.
  2. Wir nutzen stufenweise Rollouts, um unsere Ideen erst auf kleiner Skala zu implementieren, ehe wir weiter aufskalieren.
  3. Wir verdoppeln unseren Einsatz im Hinblick auf gute Ideen und verwerfen schlechte Ideen stillschweigend.

Wenn wir diese drei Dinge tun, scheitern wir nicht, sondern nehmen Kurskorrekturen in Richtung eines größeren Ziels vor.

16. Es ist Zeit, unsere große Idee anzupacken

Es gibt auf der Welt keinen Mangel an Problemen. Als Entrepreneure sind wir anders verkabelt. Wir sind aufs Suchen von Lösungen verkabelt. Alles, was wir tun müssen, ist, unsere Aufmerksamkeit auf das richtige Problem zu kanalisieren. Und wir verlassen eine Welt, die besser ist als die, die wir betreten haben. Ist das nicht alles, was wirklich zählt?

Vergeuden wir diesen Moment nicht. Es ist Zeit, die Ideen in den Tiefen unseres Verstandes zu entstauben und aktiv zu werden.

Es ist Zeit zum Hochfahren, Heraufschrauben und Starten.

Dieser Artikel wurde im Original am 4. Januar 2016 unter dem Titel The BOOTSTART Manifesto von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Die Website seines Unternehmens LEANSTACK und seinen Blog erreichen Sie unter http://leanstack.com. Mehr Fachartikel bietet unser Lean-Special.

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