The Future of Work, Digitale Transformation, New Work und Arbeiten 4.0? Es geht doch nur um Veränderungen!

Vier Begriffe, die seit einigen Jahren für Veränderungen stehen: Wofür stehen "Future of Work", "Digitale Transformation", "New Work" und "Arbeiten 4.0"? Es ist erst wenige Jahre her, dass diese Wortschöpfungen erstmals (und dann immer häufiger) in Artikeln zu lesen waren. Dabei ist es nicht so, dass die Ideen oder Konzepte noch niemand zuvor diskutiert hätte. Doch durch Veränderungen in der Wirtschaft und vor allem in der Arbeitswelt waren viele Dinge plötzlich möglich - und nötig.

The Future of Work

Der Begriff "The Future of Work" (Zukunft der Arbeit) steht dafür, dass sich einiges in der Arbeitswelt ändert. Das geschah schon vorher, auch schon vor Jahrhunderten. Doch früher dauerten die Veränderungen viele Jahrzehnte. Inzwischen jedoch forcieren die Informationstechnologie, die Vernetzung und die Logistik die Veränderungsgeschwindigkeit.

Bereits im letzten Jahrhundert war die Rede von einer Globalisierung, aber nun sorgte der Veränderungsdruck in der Wirtschaft dafür, dass sich viele Leute darüber Gedanken machten, wie Arbeit in dem neuen Umfeld besser und auch anders gestaltet werden konnte.

Ein kurzer Blick in die Literatur offenbart, dass beispielsweise 2004 ein entsprechendes Buch von Thomas W. Malone in der Harvard Business School Press erschien: The Future of Work. Der Untertitel lässt erkennen, dass es um grundsätzliche Veränderungen in der Geschäftswelt ging: How the New Order of Business Will Shape Your Organization, Your Management Style, and Your Life.

Ein wesentlicher Fokus lag auf den Veränderungen in der (Selbst-)Organisation in Unternehmen:

There are many buzzwords for describing the kinds of organizations this revolution will make more common. Self-organizing, self-managed, empowered, emergent, democratic, participative, people-centered, swarming, and peer-to-peer are just a few of them.

Waren Unternehmen jahrhundertelang streng hierarchisch organisiert (eine Matrixorganisation ist auch nur eine Abwandlung davon), so ging es nun um eine Verschiebung von Command-and-Control zu Coordinate-and-Cultivate.

Nicht zuletzt durch die Fortschritte in der Informationstechnologie gab es zunehmend Anstöße, die Andrew McAfee mit dem Begriff "Enterprise 2.0" umschrieb (Enterprise 2.0, version 2.0):

Enterprise 2.0 is the use of emergent social software platforms within companies, or between companies and their partners or customers.

Eine Zeit lang führte diese Bezeichnung zu einer wahren Flut von Artikeln und neuer Literatur wie beispielsweise Enterprise 2.0 - How Social Software Will Change the Future of Work. Doch gerade weil der Begriff Enterprise 2.0 aus einer technologischen Welt entstand (auch wenn er sich nicht auf diese beschränkte), verschwand er irgendwann wieder. Letztendlich benutzten immer mehr Autoren und Sprecher die Formulierung Future of Work. Und spätestens als die großen Beratungshäuser wie (natürlich) McKinsey sein Potenzial erkannten, wurde der Begriff "heiß":

The future of work is one of the hottest topics in 2017, with conflicting information from various experts leaving plenty of room for debate around what impact automation technology like artificial intelligence (AI) and robotics will have on jobs, skills, and wages. In the first episode of the New World of Work podcast from the McKinsey Global Institute ... MGI chairman and director James Manyika speaks with senior editor Peter Gumbel about what these technologies are, how they will change work, and what new research says we can expect.

(What is the future of work? by James Manyika , Podcast McKinsey Global Institute Dezember 2017)

Inzwischen sprang auch HR auf diesen Trend auf, und es gibt sogar einen eigenen Kongress, der sich dem Thema widmet: "Future of Work – der HR-Kongress" geht in die nächste Runde! 14.-15. März 2018.

Spätestens dann, wenn sich eine Organisation wie die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) mit der Zukunft der Arbeit beschäftigt, sollte klar sein, dass Veränderungen drohen: The Future of Work (Themenseite der OECD). OECD-Generalsekretär José Ángel Gurría verpasste seiner Eröffnungsrede für die 2017 Global Strategy Group den Titel Unprecedented Unpredictability: Digital Transformation – The Future of Jobs and Trade in a Digitalised World.

Digitale Transformation

Und nun ist sie nach über zehn Jahren immer noch da: die Rede von technologisch induzierten Veränderungen.

Die digitale Transformation (auch "digitaler Wandel") bezeichnet einen fortlaufenden, in digitalen Technologien begründeten Veränderungsprozess, der die gesamte Gesellschaft und insbesondere Unternehmen betrifft. Basis der digitalen Transformation sind digitale Technologien, die in einer immer schneller werdenden Folge entwickelt werden und somit den Weg für wieder neue digitale Technologien ebnen.

(Wikipedia-Seite zu "Digitale Transformation")

Was heutzutage die Digitalisierung ist, das waren früher Pflug, Traktoren und Dampfmaschinen: Fortschritte, die Menschen gesucht und gefunden hatten. Wie auch damals schaffen Veränderungen wie die fortschreitende digitale Transformation einerseits Herausforderungen bestehender Strukturen und andererseits auch Chancen. Dabei reicht es schon, wenige Jahre zurückzublicken, um wie die OECD die Veränderung in der Wirtschaft und in der Arbeit von Menschen zu erkennen:

Already in 2013, non-standard work accounted for a third of our total employment. Today, freelance websites and the “platform” economy – though still small – are growing.

Doch sind die Veränderungen alle erst in den letzten Jahren und durch die "Digitale Transformation" entstanden? Ein wesentliches Indiz dafür, dass dies bereits länger geschieht, ist die Verschiebung beim Grad der Arbeitsqualifikation.

Der OECD Employment Outlook 2017 (Excel-Datei) zeigt eine Verschiebung in den prozentualen Anteilen der drei Bereiche hochqualifizierte, mittelqualifizierte und niedrigqualifizierte Arbeit ("High skill", "Middle skill", "Low skill"). Von 1995 bis 2015 hat der Anteil der mittelqualifizierten Arbeit über die Länder hinweg etwa 5 bis 15 Prozent nachgelassen. Diese Anteile gingen in geringem Maße an die niedrigqualifizierte Arbeit und in deutlich höherem Maße an die hochqualifizierte Arbeit. In vielen Ländern fiel die Verschiebung zur hochqualifizierten Arbeit weit deutlicher als in Deutschland aus. Bei uns ging der Verlust von 8,16 Prozent bei der mittelqualifizierten Arbeit zu 3,42 Prozent an die niedrigqualifizierte Arbeit und zu 4,74 Prozent an die hochqualifizierte Arbeit.

Gleichzeitig nimmt in der "Industrienation Deutschland" seit Jahren der Anteil der Arbeitnehmer im Sekundärsektor (Industriesektor/Produzierendes Gewerbe) stetig ab. Betrug er 1995 noch 33,5 Prozent, so waren es 2017 gerade noch 24,8 Prozent. Derweil stieg der Anteil der Arbeitnehmer im Tertiärsektor (Dienstleistungssektor) von 65,5 auf 74,3 Prozent (Statistisches Bundesamt: Arbeitnehmer im Inland nach Wirtschaftssektoren Deutschland). Und ein Rückblick um weitere 25 Jahre zeigt: Damals betrug der Anteil der Arbeitnehmer im Sekundärsektor noch 52,5 Prozent!

Zwar gibt es keine offiziellen oder verlässlich belegten Zahlen, doch nach Einschätzung vieler Fachleute steigt der Anteil des Quartärsektors (Informationssektor oder Wissenssektor) innerhalb des Tertiärsektors beständig an.

Ist das also "The Future of Work": Digitalisierung, Höherqualifizierung, Globalisierung und Plattformisierung?

New Work

Was hat es dann noch mit dem Begriff "New Work" auf sich?

"New Work" ist derzeit in aller Munde. Auf der Suche nach dem, was Menschen "wirklich, wirklich wollen" sprießen überall Graswurzelbewegungen aus dem Boden. Top-Manager begeben sich auf Start-up-Tour , um die “Neue Arbeitswelt” live zu erleben.

(The New Worker: New Work ist keine Sozialromantik)

Wie die Einführung zum Interview mit dem New Work-Vordenker Stephan Grabmeier zeigt, geht es dabei vorwiegend um die Sichtweise des "Arbeitenden" - also nicht primär darum, wie Unternehmen sich organisatorisch verändern, um wettbewerbsfähig zu bleiben, sondern darum, wie die Arbeitenden selbst sich beziehungsweise die Arbeit um sich herum organisieren und welche ihrer Bedürfnisse sie damit erfüllt werden.

Begründer des Begriffs ist der Sozialphilosoph Frithjof Bergmann, der bei seiner Untersuchung des klassischen Freiheitsbegriffs eine Antwort auf die Frage der Erwerbslosigkeit nach dem Ende des Job-Systems suchte.

Bergmanns Kritik beginnt mit einer Kritik am amerikanischen Freiheitsbegriff. Er versteht unter Freiheit nicht, zwischen zwei (mehr oder weniger schlechten) Alternativen wählen zu können (Wahlfreiheit). Freiheit bedeute vielmehr, die Möglichkeit zu haben, etwas wirklich Wichtiges zu tun (Handlungsfreiheit). Neue Arbeit bietet Freiräume für Kreativität und Entfaltung der eigenen Persönlichkeit. Da das Job-System an seinem Ende sei, habe die Menschheit die Chance, sich von der Knechtschaft der Lohnarbeit zu befreien.

Die zentralen Werte der Neuen Arbeit sind Selbstständigkeit, Freiheit und Teilhabe an Gemeinschaft.

(Wikipedia-Seite über "New Work")

Für mich gehört zu New Work einerseits der technologische Aspekt, das heißt die Nutzung digitaler Technologien allgemein und Sozialer Medien im Besonderen. Zudem sprechen wir andererseits über neue Formen der Arbeit. Dazu zählt die Arbeitsplatzinfrastruktur (Räume, Zonen nach Arbeitstypologien, Zeitsouveränität, technologische Ausstattungen), neue Arbeitsmethoden - insbesondere agiles Management -, aber auch alles, was das generationsübergreifende Miteinander betrifft. Wir sprechen auch über neue Organisationsdesigns und das Thema Führung in einer komplexen Welt.

(Stephan Grabmeier im Interview)

Da ist er also wieder, der technologische Aspekt. Doch es ist eben noch mehr, und vor allem geht es um eine integrative Betrachtung. Gerade durch die Zunahme der Projektarbeit sowie den Anstieg bei den Selbstständigen/Freelancern und bei entsprechenden Agenturen wird diese integrative Betrachtung immer wichtiger. Ort, Zeit und Auftragsverhältnis (Angestellter, Freelancer, Agentur, Subunternehmer) der Arbeit verwischen immer mehr.

Sicher ist also, dass alles im Fluss ist und dass Antworten und Lösungen gesucht werden.

Arbeiten 4.0

In Deutschland muss das natürlich seine Ordnung haben. Am besten ist es immer, wenn die Politik oder gar ein Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) mit Ministerin Andrea Nahles sich darum kümmert.

Der Begriff "Arbeiten 4.0" knüpft an die aktuelle Diskussion über die vierte industrielle Revolution (Industrie 4.0) an, rückt aber die Arbeitsformen und Arbeitsverhältnisse ins Zentrum – nicht nur im industriellen Sektor, sondern in der gesamten Arbeitswelt. "Arbeiten 1.0" bezeichnet die beginnende Industriegesellschaft vom Ende des 18. Jahrhunderts und die ersten Arbeiterorganisationen. "Arbeiten 2.0" sind die beginnende Massenproduktion und die Anfänge des Wohlfahrtsstaats am Ende des 19. Jahrhunderts. Die Industrialisierung brachte damals neue soziale Probleme mit sich, der zunehmende Druck der organisierten Arbeiterschaft bildete eine wichtige Grundlage für die Einführung der ersten Sozialversicherungen im Deutschen Reich. "Arbeiten 3.0" umfasst die Zeit der Konsolidierung des Sozialstaats und der Arbeitnehmerrechte auf Grundlage der sozialen Marktwirtschaft: Arbeitgeber und Arbeitnehmer verhandeln sozialpartnerschaftlich auf Augenhöhe miteinander. ... "Arbeiten 4.0" wird vernetzter, digitaler und flexibler sein. Wie die zukünftige Arbeitswelt im Einzelnen aussehen wird, ist noch offen.

(Glossar - Arbeiten 4.0 - Glossar des BMAS)

Einerseits ist das durchaus nachvollziehbar. Doch hier ist eine klassische Sichtweise der zentralen und organisierten Verwaltung auf der Suche nach einer "Arbeit 4.0" zu erkennen. Richtig durchgesetzt hat sich der Begriff "Arbeiten 4.0" bislang nicht - möglicherweise auch deswegen, weil seine Basis in einer "industriellen Denke" liegt.

Mit der Bezeichnung "Industrie 4.0" soll das Ziel zum Ausdruck gebracht werden, eine vierte industrielle Revolution einzuleiten. Die erste industrielle Revolution bestand in der Mechanisierung mit Wasser- und Dampfkraft, darauf folgte die zweite industrielle Revolution: Massenfertigung mit Hilfe von Fließbändern und elektrischer Energie, daran anschließend die dritte industrielle Revolution oder digitale Revolution mit Einsatz von Elektronik und IT (v. a. die speicherprogrammierbare Steuerung) zur Automatisierung der Produktion.

(Wikipedia-Seite über "Industrie 4.0")

Veränderungen

Arbeiten 4.0 und Industrie 4.0 sind rein deutsche Begriffe. Letztendlich stehen sie für The Future of Work, Digitale Transformation und New Work. Bei all dem geht es um die ständige Beschäftigung mit der zukünftigen Gestaltung der Arbeit aus organisatorischer und menschlicher Sicht.

Frank Hamm ist Berater für Kommunikation und Kollaboration und unterstützt Unternehmen bei ihrem Weg in der digitalen Transformation. Seit 2005 schreibt er im INJELEA-Blog über Social Business, Intranet, Enterprise 2.0 und Unternehmenskommunikation. Hamm ist bekennender Nexialist und begleitet seine Beobachtungen als Der Schreibende. Weitere Artikel von Frank Hamm finden Sie in unserem Intranet-Special.

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