Unkonventionelle Methoden für bessere Einsichten aus Zufriedenheitsumfragen (Teil 2)

Im ersten Teil des Artikels hat UX-Vordenker Jared Spool herausgearbeitet, warum die meisten Unternehmensumfragen zur Nutzer- und Kundenzufriedenheit wertlose, unbrauchbare Daten produzieren. Anschließend hat er einen Ansatz vorgestellt, um Zufriedenheitsangaben in einem ersten Schritt mit Verhaltensdaten zu verbinden. Dieser zweite Teil knüpft nahtlos daran an.

Die Enttäuschung des Verlusts erfassen

Kürzlich sind wir auf ein paar aufregende erweiterte Ansätze im Hinblick auf subjektive Zufriedenheitsdaten gestoßen. Der erste stammt von Sean Ellis; er bezeichnet ihn als Product-Market fit-Frage.

Sean nutzt diese Frage, um Online-Dienste zu untersuchen, die viele Leute häufig nutzen. Es handelt sich um eine einfache Frage mit vier Antworten.

Wie enttäuscht wären Sie, wenn <Dienst> nicht mehr verfügbar wäre?

1. Ich wäre sehr enttäuscht.
2. Ich wäre etwas enttäuscht.
3. Keine Ahnung. Es würde mich nicht stören.
4. Mir egal. Ich nutze <Dienst> nicht.

Sean sagt, dass die Leute, die Antwort A geben (sehr enttäuscht, wenn der Dienst nicht mehr verfügbar wäre), die Gruppe der engagiertesten Kunden bilden. Wenn der Großteil aus diesen Leuten besteht, haben wir etwas erreicht, was Investoren "Product-Market Fit" nennen. Das Ziel besteht darin, die Gruppe A wachsen zu lassen, indem wir den Dienst zu etwas machen, auf das sie gar nicht gerne verzichten würden.

Seans Verwendung der vier Wahlmöglichkeiten ist eine interessante Alternative zu einer numerischen Skala. Zwar wissen wir immer noch nicht, warum sich jemand auf eine bestimmte Art fühlt, wenn er sich zwischen "sehr enttäuscht" versus "etwas enttäuscht" entscheidet, aber wir haben einen klareren Weg, um über die Ergebnisse zu sprechen. Weitere Untersuchungen könnten die Gründe hinter den Gefühlen der Kunden enthüllen, die wiederum den Weg zu Verbesserungen aufzeigen.

Die Frage durch die Sammlung zusätzlicher Daten erweitern

Rahul Vohra, der CEO des E-Mail-Produkts Superhuman, hat Seans Frage genommen und so erweitert, dass sie seinem Team mehr verwertbare Informationen an die Hand gibt. Seine Erweiterung ist ein kurzer Fragebogen aus vier Punkten, der mit Seans Enttäuschungsfrage beginnt:

1. Wie enttäuscht wären Sie, wenn Sie Superhuman nicht mehr nutzen könnten?

Diese Frage hat dieselben Antworten wie bei Sean. Rahul hat anschließend drei offene qualitative Fragen hinzugefügt:

2. Welche Art von Leuten würde Ihrer Meinung nach am stärksten von Superhuman profitieren?
3. Was ist der wichtigste Vorteil, den Superhuman Ihnen bringt?
4. Wie können wir Superhuman für Sie verbessern?

Rahulas drei zusätzliche Fragen fügen Seans Originalfrage mehr Tiefe hinzu. Rahul segmentiert die Antworten, die er bekommt, entsprechend der Antworten auf Seans Frage nach der Enttäuschung.

Leute, die sagen, dass sie sehr enttäuscht wären, wenn es Superhuman nicht mehr gäbe, sind diejenigen in Gruppe A. Ihre Antworten zu der Art von Leuten, die hauptsächlich profitieren, sind im Grunde Darstellungen ihrer selbst. Ihre Beschreibungen des wichtigsten Vorteils ist der zwingendste Aspekt des Produkts; sie sagen Rahul, was er beibehalten muss. Die Liste der Verbesserungen der Leute aus Gruppe A ist eine nette Sache, aber nicht notwendig, um sie bei der Stange zu halten, da sie bereits höchst engagierte Kunden des Produkts sind.

Rahul richtet seinen Fokus auf die Leute der Gruppe B, die geantwortet haben, dass sie etwas enttäuscht wären, wenn Superhuman nicht mehr verfügbar wäre. Wenn die Befragten aus der B-Gruppe die Leute beschreiben, die am meisten profitieren, beschreiben sie jemanden, der sich leicht von ihnen selbst unterscheidet. Wenn man die Antworten der Gruppen A und B vergleicht, sieht Rahul, wer das Gefühl hat, dass das Produkt nicht genau für ihn ist.

Wenn die Befragten der Gruppe B über den Hauptvorteil sprechen, reden sie ebenfalls über die Dinge, die für sie den Unterschied machen. Und ein Blick auf die Verbesserungen zeigt eine klare Einkaufsliste, um diese Leute künftig in die Gruppe A zu holen.

In den Antworten der Gruppe B sucht Rahul nach Mustern, um zu erfahren, in welche Features er investieren sollte. Er kann nach Veränderungen über die Zeit hinweg suchen, um zu sehen, ob sich die Dinge, nach denen die Leute fragen, verschieben. Das ist ungleich wertvoller als eine numerische Bezifferung einer durchschnittlichen Zufriedenheit.

Beobachtung ist nach wie vor der beste Weg, um zu lernen

Es gibt Verbesserungen, die wir an subjektiven Zufriedenheitsbewertungen vornehmen können – wie die Verschiebungen in Richtung der Ansätze von Sean und Rahul. Allerdings werden wir immer Grenzen finden, wenn wir versuchen, wirklich alles über Umfragen abzudecken.

Beobachtung eröffnet uns die Chance, mehr objektive Daten zu sammeln. Wir können sehen, wie Nutzer mit unseren Designs interagieren. Wir können das, was wir sehen, direkt mit subjektiven Daten abgleichen, die wir gesammelt haben. Wenn Nutzer sagen, dass ihnen etwas nicht gefällt, können wir sie bitten, uns zu zeigen, was sie daran nicht mögen, und so reichhaltige Einsichten generieren.

Die mächtigsten Verbesserungen erzielen wir stets, wenn wir mehr Zeit damit verbringen, direkt mit unseren Kunden zu reden und zu beobachten, wie sie unsere Produkte und Dienste nutzen. Das kann eine kleine Nutzerforschungsgruppe nicht leisten. Das gesamte Team – inklusive der Leute, die Umfragen rausschicken – muss Kunden und Usern unmittelbar ausgesetzt sein.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten die Art von Daten, die Rahuls Befragung enthüllt, und parallel die Möglichkeit, diese Befragten direkt zu beobachten! Dann könnten Teams regelmäßig zum Beispiel ein Dutzend Kunden besuchen und speziell nach wertvollen subjektiven Antworten suchen, die reiche Einsichten bieten. Diese Erkenntnisse führen unmittelbar zu soliden Daten und eröffnen den UX-Teams die Antworten, die sie brauchen, um die Entwicklung und Auslieferung besser designter Produkte und Dienste anzutreiben.

Schließlich ist das doch der Grund, warum wir überhaupt Daten sammeln.

Dieser Artikel wurde im Original am 17. Juli 2019 unter dem Titel Unconventional Techniques for Better Insights from Satisfaction Surveys von Jared M. Spool veröffentlicht. Jared M. Spool gehört zu den führenden User-Experience-Experten unserer Zeit. Seine Website erreichen Sie unter http://www.uie.com. Weitere Artikel von Jared M. Spool finden Sie im UX-Special von //SEIBERT/MEDIA.

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