Home Alone – Remote in einem Scrum-Team

Seit über vier Jahren arbeite ich nun zu Hause von zu Hause aus. Im Folgenden habe ich mal meine Top-7-Eigenschaften für einen erfolgreiche Remote-Zusammenarbeit gesammelt.

#1 sichtbar

Wenn man sich weit weg von allen anderen befindet, sind Dinge des alltäglichen Arbeitslebens kaum machbar – ein kurzer Plausch in der Teeküche, eine Diskussion auf dem Balkon oder ein einfaches "Hallo" auf dem Flur. Darum ist es umso wichtiger, auf anderen Wegen im Gedächtnis der Kolleginnen und Kollegen zu bleiben. Ich versuche daher, möglichst viele Informationen zu lesen und mich so gut es geht und sinnvoll ist an Themen zu beteiligen. Weiterhin versuche ich meine (Remote-) Sicht der Dinge zu transportieren, zum Beispiel über Blog-Artikel wie diesen. Dennoch möchte ich nicht nur als "der Remotler" wahrgenommen werden und versuche, auch an anderen Themenfeldern beteiligt zu sein.

#2 präsent

Im Unterschied zur Sichtbarkeit, wo es hauptsächlich um den Austausch von Informationen in irgendwelchen Dokumenten geht, ist mit "Präsenz" eine fast physische Anwesenheit gemeint. Ich kann mich dazu jederzeit auf einen Bildschirm im Team-Raum verbinden und nutze diese Möglichkeit, auch ohne konkreten Anlass. So bekomme ich auch ein wenig "beiläufige Kommunikation" mit, und ich kann direkt in Gespräche einklinken. Des Weiteren nehme ich an übergreifenden Meetings wie unserem Entwickler-Weekly teil oder paire mit Kollegen, so oft es geht. Regelmäßige Besuche im Büro samt Teeküchengesprächen tragen zudem zur Präsenz bei.

#3 kommunikativ

Wer glaubt, "remote" wäre perfekt für introvertierte oder ruhige Personen, der irrt. Gerade im Team-Kontext verliert man schnell den Anschluss und bildet sein eigenes Team im Team. Darum ist es unabdingbar, #sichtbar und #präsent zu sein, aber auch viel und häufig zu kommunizieren. Ich achte sehr darauf, auch mal einen Witz zu machen oder persönliche Dinge zu erfragen. Auch gebe ich regelmäßig Feedback, wenn es mir sinnvoll erscheint. Remote sehe ich, beispielsweise hinsichtlich der Dokumentation von Entscheidungen oder Anforderungen, fehlende Informationen, die vor Ort einfach über den Tisch hinweg geklärt würden. Der Nachteil dieser Art der Dokumentation ist ihre Flüchtigkeit. Vieles lässt sich schon nach kurzer Zeit nicht mehr nachverfolgen und wirft unter Umständen Fragen auf. Zu Beginn meiner Remote-Zeit warf Martin Seibert das Schlagwort "Overcommunicate" in den Raum. Für mich heißt das, mich ein bisschen mehr – in meinem Fall auf den digitalen Kanälen – zu beteiligen.

#4 aktiv

AgileOrg, Konferenzen, Code-Review – all diese Aktivitäten zeigen, dass man sich trotz örtlicher Entfernung in Themen einbringt und Teil einer Gemeinschaft sein möchte. Jedes mal, wenn man sich einbringt, ist es ein Lebenszeichen und eine Chance, mit anderen in Austausch zu kommen. Wir arbeiten immer wieder daran, unsere Zusammenarbeit im Team zu verbessern, aber ich versuche auch kontinuierlich, diese Optimierungen in den Unternehmenskontext auszustrahlen. So profitieren größere Kreise und die Akzeptanz wächst. Wir sehen immer häufiger, wie wichtig standortübergreifende interne, aber auch externe Interaktion ist. Hierfür ist die Remote-Arbeit ein nützlicher Werkzeugkasten, aber gleichzeitig auch ein Treiber für neue Wege der Zusammenarbeit.

#5 innovativ

Remote-Arbeit hat viele Hürden und Einschränkungen. Es ist wichtig, den agilen Weg des "Inspect and Adapt" zu gehen und immer wieder kleine Verbesserungen auszuprobieren. So haben wir mit miro eine Lösung für eine Remote-Retro ausprobiert, wobei die Initiative aus den Reihen der Vor-Ort-Kollegen kam. Eine weitere Optimierung war die Anschaffung der Meeting Owl, einer Kamera, die mit einem 360°-Videobild aufwarten kann und mich noch näher ins Geschehen bringt. Alle diese kleinen Helfer sind jedoch nicht nur für mein Team und mich interessant. Mittlerweile haben wir mehrere Satelliten-Büros; diese müssen auch integriert werden.

#6 produktiv

Wie die meisten Entwickler werden auch wir bei Seibert Media nach Stunden bezahlt – das heißt kurz gesagt: Arbeitszeit = Leistung. Diese Leistung wird in einem Büro meist durch Anwesenheit für andere sichtbar. Für mich als Remotler ist das natürlich ein Problem. Daher muss ich zum einen während meiner Arbeitszeit präsent sein, aber auch durch sichtbare Ergebnisse punkten. Das fördert im besten Fall die Akzeptanz für und das Vertrauen in meine Arbeitsweise.

#7 offen

Als wir im Team den Plan zur Remote-Arbeit gefasst und dies auch im Unternehmen kundgetan hatten, gab es nicht nur positives Feedback. Viele machten sich Sorgen um die Unternehmenskultur, und auch andere "Agilisten" stehen verteilten Teams durchaus kritisch gegenüber. Dieser Kritik sollte man offen und konstruktiv begegnen. Viele der Bedenken sind durchaus valide und bedürfen einer technischen oder prozessualen Lösung. Es ist daher wichtig, sich auszutauschen und mit den Bedenkenträgern im Gespräch zu bleiben; häufig ergeben sich so Ideen zur Verbesserung. Des Weiteren muss ich auch immer meine eigene Ansprüche an die Remote-Integration mit dem Verständnis meiner Kollegen vergleichen. Nicht selten werden Anfragen zu bestimmten arbeitstechnischen Themen als ungerechtfertigte Anspruchshaltung interpretiert. Auch hier hilft ein 4-Augen- (bzw. 2-Bildschirm-) Gespräch.

Fazit

Zum Schluss sei gesagt, dass die genannten Eigenschaften auch für Co-Located Teams wichtig sind. Für verteilte Teams und eine erfolgreiche Remote-Integration sind sie jedoch essenziell. Es reicht nicht aus, fachlich professionell zu arbeiten und guten Code zu schreiben. Was man vor Ort in einem Raum gemeinsam intuitiv macht, muss man Remote durch zusätzlichen Einsatz herstellen. Beispielsweise führen fehlende Sichtbarkeit oder mangelnde Kommunikation zwangsläufig zu einer Entfremdung und schaden dem Teamzusammenhalt. Doch der Aufwand lohnt sich. Nicht nur für mich, sondern auch für das Team, dass immer wieder andere Sichtweisen erhält. Im besten Fall kann die gesamte Organisation von den Remote-Learnings profitieren.

Wichtigster Punkt ist jedoch ein funktionierendes Team, dass sich der Remote-Herausforderungen bewusst ist und bereit ist, diese gemeinsam zu lösen.

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