Pivot or persevere? Value Engineering, Lean Portfolio Management und die Kunst der Wertschöpfung

Daten stärken Teams und fördern Innovation

Der tatsächliche Wert eines Unternehmens ist direkt mit der Unternehmensagilität verbunden: Also mit der Fähigkeit, im ständigen Wandel und unter wechselnden Bedingungen maximales Potenzial zu realisieren. Erfolgreiche Führungskräfte versorgen Teams mit Daten und Erkenntnissen, um Chancen zu ergreifen und Innovation zu fördern.

Aber wie können Portfoliomanager*innen sicherstellen, dass die Investitionen in Form von Zeit, Geld und Ressourcen auch wirklich einen Mehrwert schaffen? Die Antwort: Hypothesen aufstellen und in kurzen Iterationen testen. Die Erkenntnisse aus diesen Experimenten können dann auf übergeordneter Ebene genutzt werden.

Mit Value Engineering zu mehr Wertschöpfung

Mit einem iterativen Ansatz inkrementell Wert liefern – und unnötige Arbeit verhindern

Wenn sich Teams darauf einlassen, Ideen kontinuierlich zu testen, erhalten sie schnelles Feedback und können rasch auf veränderte Umstände reagieren. Nur so kann am Ende ein qualitativ hochwertiges Ergebnis abgeliefert werden. Wenn das Feedback zeigt, dass eine Idee nicht funktioniert, weil beispielsweise der Aufwand unterschätzt wurde oder die Kundenbedürfnisse abweichen, kann das Team entsprechend nachjustieren. So kann die Idee entweder optimiert oder ganz verworfen werden, je nach Situation. Je früher das Team in diesen Experimenten Erkenntnisse gewinnt, desto eher kann es seine Ressourcen bestmöglich einsetzen und fundierte Entscheidungen treffen:
Erklärung Value Engineering Ausrichtung: Pivot or persevere
Pivot - den Kurs anpassen, aktuelle Experimente stoppen oder

Persevere - den Kurs beibehalten, Verantwortung dafür übernehmen und die Erkenntnisse für die Zukunft berücksichtigen

 

Frühe, iterative Produkttests ermöglichen es dem Portfoliomanagement, die Roadmap als Übersicht aus Hypothesen und Experimenten zu nutzen. So wandelt sich die Roadmap mit dem Fokus auf Projekte zu einem Portfolio mit dem Fokus auf Innovationen.

Wertanalyse: Verwaltung des Portfolios mit Hilfe von Experimenten

Im Portfoliomanagement kann das sogenannte “Value Engineering” (dt. Wertanalyse) durch experimentelle und evidenzbasierte Arbeitsweisen ermöglicht werden. Das beginnt in der Regel mit übergreifenden, langfristigen Leitlinien. Das können z. B. Mission-Statements sein, gefolgt von kurzfristigen Zielen wie Quartalszielen oder OKRs. So behält das Portfoliomanagement den Überblick über die übergeordneten Ziele des Unternehmens.

Diese 3 Schritte helfen dabei, das Portfolio zu entwickeln:

Hypothesen aufstellen: Beschreibe deine Idee und wie du sie erreichen willst, schätze den Wert der Ergebnisse.
Experimentieren: Teste deine Hypothese und sammle Feedback und Informationen.
Pivot or persevere: Frühzeitig erkennen und lernen, was Wert schafft und was nicht. Wenn alles funktioniert wie angedacht, auf Kurs bleiben! Wenn es nicht funktioniert, die Idee anpassen und erneut testen – im schlimmsten Fall verwerfen und eine andere Idee verfolgen.

Der größte Vorteil dieses Prozesses ist die Erkenntnis, was für Kunden und das eigene Geschäftsmodell wichtig ist. Der Fokus verlagert sich von der Anzahl der Features und Story Points hin zur Entwicklung des passenden Produkts. Weniger Features anzubieten kann sogar erstrebenswert sein, weil sie besser auf die Bedürfnisse der Zielgruppe zugeschnitten werden können. Große Projekte geraten mehr in den Hintergrund, kleinere Features mit deutlich schnellerer Wertschöpfung bieten einen enormen Mehrwert und ermöglichen schnelle Feedbackschleifen. Außerdem wird die Fallhöhe für eventuelle Rückschläge deutlich reduziert, da keine großen Investitionen getätigt und die Ideen somit jederzeit verworfen werden können.

Was ist Value Engineering?

Der neue Ansatz ermöglicht es Teams, die bestmögliche Arbeit zu leisten, während gleichzeitig Feedback von Kunden einfließen kann. Diese evidenzbasierte Methode wird als Value Engineering bezeichnet.
Letztendlich ist eine Veränderung des Mindsets notwendig, und zwar auf allen Ebenen.

Neue Märkte erschließen – aber wie?

Das lässt sich gut anhand eines Beispiels erklären:

Eine Mobile-only-Bank bietet Finanzprodukte an, die spezifisch für Gering- und Durchschnittsverdiener*innen gedacht sind. Menschen soll dabei geholfen werden, Geld zu sparen, Wohlstand aufzubauen und sich von finanziellen Rückschlägen zu erholen. Bisher waren vor allem Student*innen und Absolvent*innen die Zielgruppe, jetzt sollen aber auch Menschen angesprochen werden, die 30-40 Jahre alt sind.

Das Konzept von Value Engineering

Konzept Value Engineering visualisiert

Das Geschäftsergebnis

Welches strategische Ziel verfolgen wir?

Identifikation von Chancen

Wie können wir dieses Ziel erreichen?

Aufstellen der Hypothese

Wie können wir die Chance nutzen? Was wird den größten Einfluss haben?

Experimentieren

Welche Experimente können wir durchführen, um die Hypothese zu testen?

Das Besondere an diesem Konzept: Die gesamte Arbeitsleistung konzentriert sich auf die Wertschöpfung bzw. das Ergebnis. Teams denken über neue Chancen und Möglichkeiten nach, berücksichtigen Feedback und ziehen Vorteile heraus. Die Experimente, die auch oft als “Bets” bezeichnet werden, zeigen, ob die Idee erfolgreich werden kann. Auf Basis dieser Erkenntnisse wird gemäß “pivot or persevere” entschieden, ob der Kurs verändert werden sollte.
Aber wie können die Investments in unserem Szenario in die richtige Richtung gelenkt werden?

Das konkrete Vorgehen

Das Management der Bank gibt die Anweisung, den Markt so zu erweitern, dass 20 % der Neukund*innen in den nächsten zwei Quartalen der neu definierten Zielgruppe angehören sollen.

Chancen identifizieren

Mit etwas Kontext, wie beispielsweise einer Markt- oder Konkurrenzanalyse, zeigt das Management den Teams die Chancen auf, um das Ergebnis zu erreichen. Gemeinsam suchen sie nach möglichen Lösungen, um die neue Zielgruppe zu erschließen.
Gehen wir davon aus, dass das Team diese Erkenntnisse aus den Recherchen zieht:

Die Zielgruppe:

  • Hat mehrere Bankkonten bei verschiedenen Banken,
  • kämpft mit hohen Studienschulden und/oder
  • fühlt sich mit den eigenen Finanzen überfordert.

Das Team identifiziert die Chance, personalisierten Content zu Finanzwissen anzubieten, der das Vertrauen in die Bank steigern soll. Dieses Angebot entspricht den Kundenbedürfnissen und hilft der Bank am Ende, das übergeordnete Ziel zu erreichen.

Eine individuelle Hypothese aufstellen

Mit dieser neuen Hintergrundinformation kannst du, als Portfoliomanager*in, den Fokus auf die Umsetzung legen: Wie können wir die Chance am besten angehen, um einen größeren Output zu erreichen? Was wird nach unserer Einschätzung den größten Einfluss haben?

Dabei können Ideen aus dem Team helfen:

  • Ein Budgeting-Tool für Menschen mit hohen Studienschulden entwickeln.
  • Menschen dabei helfen, den eigenen Credit-Score zu verstehen und wie dieser Finanzprodukte beeinflussen kann.
  • Das Design des bestehenden Dashboards anpassen, um die Daten in ansprechender Weise für die Kund*innen zu präsentieren.

Quantifiziere für jede Hypothese den Wert und dokumentiere, wie er gemessen werden soll. Das könnte, mit Blick auf die Dashboard-Hypothese, beispielhaft so aussehen:
Wir glauben, dass wir, durch das Update der Dashboards, mit dem wir die finanziellen Bedürfnisse der Zielgruppe bedienen können,
erreichen werden, personalisierten Content anzubieten, der dazu führen wird, dass Menschen einen Account bei unserer Bank eröffnen.
Das wissen wir, wenn 10 % der Zielgruppe das Dashboard-Set-up abschließt.

Verschiedene Indikatoren auf dem Weg zum Erfolg mit Value Engineering

Diese Metrik von 10 % ist der leading indicator. Dieser soll zeigen, ob das Ziel – also 20 % in zwei Quartalen zu erreichen – realistisch ist.
Der Aufwand im Verhältnis zum Wert des endgültigen Dashboard-Produktes sollte ebenfalls nachgehalten werden. Bei dieser Hypothese wird davon ausgegangen, dass das Produkt, wenn es gut entwickelt und vermarktet wurde, dem Unternehmen einen Wert von 400.000$ einbringen wird. Dieser Wert entsteht durch das Erschließen des neuen Marktes, was auch als lagging indicator betrachtet werden kann.

Wenn 10 % der Nutzer*innen das Dashboard-Set-up abschließen (= leading indicator), ist das Team auf dem besten Weg, 400.000$ mehr Umsatz zu generieren (= lagging indicator). Das hilft der Organisation dabei, das übergeordnete Ziel – 20 % der Zielgruppe - im Markt zu erschließen.

Die Gestaltung des Dashboards ist natürlich nur ein kleiner Teil des Puzzles. Es werden viele weitere Experimente mit anderen Ideen nötig werden, auch von anderen Teams. Mit einer steigenden Anzahl von Experimenten werden sich immer wieder neue Wege eröffnen, die immer wieder neue Chancen am Ende zu erfolgreichen Ergebnissen werden lassen. Mit der Zeit werden die Teams immer mehr Vertrauen in sich und ihre Fähigkeit, Ziele zu erreichen, gewinnen.

Tipp: In Zusammenarbeit mit den Teams werden Ideen in kleinere Experimente heruntergebrochen.

Leading- und Lagging-Indikatoren

Indikatoren sind messbare Größen, die aktuelle Bedingungen beschreiben und Forecasts ermöglichen. Wenn der Unterschied zwischen Leading- und Lagging-Indikatoren bekannt ist, wird klar, was getan werden muss, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Dieses wird dann betrachtet, um den Erfolg zu messen.

Leading-Indikatoren

… messen den Status quo und ermöglichen einen Forecast. Befinden wir uns auf dem richtigen Weg? Wenn nein, was muss verändert werden? Oft müssen spezifische Tests durchgeführt werden, um diese Daten zu erheben. Ein Leading-Indikator könnte z. B. sein:
Anteil der Nutzer*innen, denen das neue Dashboard Design gefällt: 70 %

Lagging-Indikatoren

… quantifizieren den aktuellen Stand und orientieren sich vermehrt am Output. Sie sind einfacher zu messen, da sie aber die Ergebnisse der vergangenen Aktivitäten betrachten, sind sie kaum zu beeinflussen. Ein Lagging-Indikator könnte z. B. sein:
Neue Accounts, die von der Zielgruppe in Q2 eröffnet wurden: 20 %.

Rein in die Experimentierphase!

Um herauszufinden, ob die Dashboard Design-Idee verfolgt werden sollte, könnte beispielsweise dieses Experiment durchgeführt werden:
Test eines Prototypen für das Dashboard, um herauszufinden, ob die grafische Aufbereitung überhaupt für die Zielgruppe relevant ist.
Leading-Indikator: 70 % der Testgruppe findet das Design gut.
Diese Phase wird genutzt, um Informationen zu sammeln, das Risiko zu reduzieren, einen eventuell falschen Ansatz nicht weiter zu verfolgen und um Vertrauen darin zu schaffen, die geschätzten Ergebnisse zu erreichen.

Dabei besteht die Phase aus den folgenden, einzelnen Schritten:

  • Tracking der Entwicklungsmethoden, um die passenden Daten zu erhalten.
  • Tracking der Ausgaben, um – im Verhältnis zum Produktwert – nicht zu viele Investitionen zu tätigen. Hier sollte noch keine große Summe hineingesteckt und auch das Modell nicht zu weit ins Detail gegangen werden – es geht lediglich darum, Prototypen zu testen (und nicht etwa ein komplettes, funktionierendes Dashboard mit Visualisierungen zu entwickeln).
  • Tracking der Kosten für das Team, das den Prototypen entwickelt – aber auch von Teams, die nachgelagert beim eigentlichen User-Test oder anderen Entwicklungsschritten unterstützen.

Tipp: Es ist wichtig, alle Stakeholder während des gesamten Prozesses auf dem Laufenden zu halten, damit Entscheidungen nachvollziehbar bleiben. Sie sollten aktiv eingebunden werden, wenn Feedback benötigt wird. So kann direkt die ggf. notwendige Zustimmung eingeholt werden, wenn es darum geht, eine Hypothese weiter zu verfolgen oder zu verfeinern.

Der Einfluss von Value Engineering auf die Teams

Value Engineering ist nicht nur ein Weg, um Zeit und Geld zu sparen, sondern auch, um den direkten Zusammenhang zwischen dem Einsatz und dem Ergebnis deutlich zu machen. Es wird klar, wie die eigene Arbeit im Gesamtzusammenhang auf die übergeordneten Ziele einzahlt, was zu einer höheren Motivation führt. Dieser Zusammenhang kann einen großen Einfluss auf die Unternehmenskultur haben, was auch langfristig bessere Ergebnisse bedeutet.

Pivot or persevere?

In unserem Beispiel wurde angenommen, dass dann, wenn 10 % der Zielgruppe die Anmeldung über das Dashboard durchführen, das Ziel erreicht wird. Deshalb ist es besonders wichtig, dass das Design in der Zielgruppe gut angenommen wird. Das neue Design gilt als angenommen, wenn 70 % der Teilnehmenden dafür stimmen. Am Ende des Sprints werden die Daten analysiert und mit den Erwartungen abgeglichen. Wenn das Feedback negativ ausfällt oder der Test über dem geplanten Budget liegt, muss der Ansatz neu evaluiert werden. Es gilt: pivot.

Wenn die Hypothese vom Plan abweicht, sollte sie nicht weiter verfolgt werden. Wenn die Daten jedoch erfolgversprechend sind, sollte die Methode angepasst und erneut getestet werden. Im besten Fall werden die Daten widerspiegeln, dass die Hypothese richtig ist und die Investitionen starten können. Es gilt: persevere.

Tracking: Aufwand vs. Wert

Value Engineering: Tracking um Aufwand und Mehrwert zu ermitteln

Hypothesen werden mit Experimenten getestet, die Erkenntnisse helfen bei den Entscheidungen für die Zukunft. Idealerweise laufen mehrere Experimente parallel, um das Kosten-/Nutzen-Verhältnis bestmöglich in Relation setzen zu können. In der Grafik beschreibt jeder Punkt die Größe des Investments. Werte im Quadrant oben rechts zahlen sich aus, im Quadrant unten links nicht – hier sind die Kosten in Relation zum Nutzen zu hoch.

Das neue Mindset – hin zum Value Engineering

Durch wertschöpfungsorientierte Ansätze kann das Portfoliomanagement die Roadmap anhang von Hypothesen und Experimenten planen und belastbare Daten liefern, um so eine Grundlage für Investitionsentscheidungen zu schaffen.

Über die Erstellung detaillierter Pläne weg von einem traditionellen Ansatz hin zu einem wertorientierten Ansatz zu kommen ist selbst ein iterativer Prozess. Die Umsetzung braucht Zeit, bis die neuen Methoden im gesamten Unternehmen akzeptiert und gelebt werden. Die Veränderung des Mindsets startet im Kleinen, um schnelle Erfolgserlebnisse zu generieren. Langfristig werden aus den kleinen und schnellen Erfolgen immer mehr “Big Wins”.

Der Prozess hin zu einem wertorientierten Ansatz kann mit Hilfe der richtigen Tools vereinfacht werden. Jira Align bietet solche Tools, um die Experimente und entsprechende Analysen effektiv durchzuführen und Methoden wie das Value Engineering gezielt im Unternehmen auszurollen. Wir zeigen dir gerne, wie du mit Jira Align auch agil skalieren kannst!

Quelle: Atlassian Whitepaper “Should you pivot or persevere?”, 2020

Den besten Weg finden wir gemeinsam.

Steht das Skalierungsprojekt noch in den Startlöchern, oder soll schon eine nächste Ebene ausgerollt werden? Wir evaluieren gemeinsam jeden Schritt, beraten dich gerne rund um Methoden sowie den Einsatz geeigneter Tools und begleiten durch den kompletten Prozess. Unser Know-how rund um die Einführung von Agile Hive, Jira und Jira Align verknüpfen wir für ein optimales Ergebnis mit dem Expertenwissen von KEGON, Deutschlands führendem SAFe®-Partner und SAFe® first-mover in Europa.
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Weiterführende Informationen

Agile Transformation von Enterprise-Organisationen und was Jira Align dabei leisten kann
Agile Skalierung mit Jira Align – kontinuierlich Wert ausliefern
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Jira Align meets Agile Hive – die Stärken der beiden Tools

Diese Jira-Schulung richtet sich an erfahrene User, die tiefergehende Funktionen in Jira erlernen und Best Practices zum Vorgangsmanagement erlernen wollen.

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