Scaling Agile: Go for Agile oder – worauf du achten musst, wenn dein Unternehmen agil skalieren will (Teil 1)

Headerbild Scaling Agile oder worauf du achten musst wenn dein Unternehmen agil skalieren möchte Teil 1

Agiles Arbeiten ist längst nicht mehr nur etwas für kleine Start-ups oder hippe IT-Firmen. Über 20 Jahre sind vergangen, seitdem das Agile Manifest veröffentlicht wurde, und was als Revolution in der Softwareentwicklung begann, ist längst den Kinderschuhen entwachsen und hat viel breitere Kreise gezogen. Denn obschon es schwierig sein kann, auch nur einzelne Teams auf agiles Arbeiten umzustellen – soll ein ganzes Unternehmen agil skalieren (scaling agile), sehen sich alle Beteiligten mit einer überaus komplexen Herausforderung konfrontiert.

Doch mehr und mehr Unternehmen stellen fest, dass sie ohne agile Methoden an einem extrem dynamischen Markt das Nachsehen haben. Und geht es über die Teamebene hinaus, stehen insbesondere Program-Leiter*innen vor einer Herkulesaufgabe: Sie müssen einerseits die strategischen Ziele an die operativen Teams weitergeben und andererseits – meist im Rahmen feierlicher Meetings – Status-Updates liefern und die Erwartungen auf Portfolio- und Führungsebene steuern. Gleichzeitig müssen sie dafür sorgen, dass die Teams den Kunden einen Mehrwert bieten und die übergeordneten Unternehmensziele erfüllen.

Geht nicht? Doch. Wir verraten dir, wie.
Im ersten von zwei Teilen einer kleinen Artikelreihe rund um Scaling Agile widmen wir uns den Themen Abhängigkeiten und Team-Abstimmung, im zweiten Teil wird es dann um all das gehen, was in einem direkten Zusammenhang mit der Auslieferung steht.

Scaling Agile #1: Abhängigkeiten effektiv verwalten

Das Problem:
“Unsere Teams sind agil. Aber übersehene Abhängigkeiten beeinträchtigen die Qualität und den Zeitpunkt der Auslieferung.”

In den frühen Phasen der agilen Transformation können einzelne Teams allem Anschein nach sehr gut funktionieren: Sie erreichen alle Sprint-Ziele, weisen eine historisch niedrige Fehlerquote bei gleichzeitig konstantem Tempo auf, und in den positiven Retros zeigt sich, dass sich sämtliche Prozesse kontinuierlich verbessern. Agile at its best!

Aber: Wenn Teams isoliert arbeiten, kann all das durch übersehene Abhängigkeiten zunichte gemacht werden. In einem dynamischen und komplexen Umfeld ist die horizontale Ausrichtung, also die Abstimmung aller, die an einem Produkt beteiligt sind, von entscheidender Bedeutung. Fehlt das, ist es schwierig, auf Kurs zu bleiben und strategische Ziele zu erreichen. Releases können sich verzögern, oder das, was geliefert wird, entspricht nicht den Erwartungen der Kunden.

Die Lösung:
Ein Systemansatz, mit dem du deine strategischen Ziele erreichst.

Konzentriere dich dabei nicht nur auf die Produktivität jedes einzelnen Teams, sondern hilf den Teams dabei, zu verstehen, wie ihre Arbeiten und Ergebnisse mit Blick auf die übergeordnete Vision zusammenhängen. Lass dich nicht von ungeahnten Abhängigkeiten überraschen – räume sie aus dem Weg. Versuche nicht, die Abhängigkeiten zwischen den Teams zu verwalten, sondern fokussiere dich darauf, dass die Teams enger zusammenrücken und sich darauf verständigen, bei kritischen Funktionen zusammenzuarbeiten.

So wissen alle, woran die anderen parallel arbeiten (und warum), und können proaktiv Informationen anfordern oder weitergeben, sodass eine zuverlässige Auslieferung und ein qualitativ hochwertiges Produkt gewährleistet sind.

Fallbeispiel: Funktionsübergreifende Abhängigkeiten bei Atlassian – Vorbereitung auf GDPR

Im Vorfeld der im Mai 2018 abgelaufenen Frist für die Einhaltung der Allgemeinen Datenschutzverordnung (GDPR) musste Atlassian – wie viele Unternehmen, die Kundendaten speichern – eine Produktstrategie aufsetzen, die die neuen gesetzlichen Anforderungen erfüllte.

Dazu mussten Abhängigkeiten auch zwischen solchen Teams erkannt werden, die noch keine Erfahrung in der engen agilen Zusammenarbeit hatten – insbesondere nicht bei einem so kritischen Thema plus einem engen Zeitplan.
Die Produkt-Teams mussten zum einen den Wortlaut des neuen Gesetzes verstehen, zum anderen auch die Absichten, die hinter den einzelnen Teilen der Verordnung steckten. Vor dem eigentlichen Start benötigten sie also spezifische Anleitungen, um sicherzugehen, dass alle im Boot waren und eine rechtskonforme Lösung geliefert werden konnte.

Hier lag ein Problem: Denn die Rechtsabteilung kennt sich zwar im Allgemeinen hervorragend mit juristischen Fragen aus, ist jedoch nicht in der Lage, Produktspezifikationen zu erstellen. Und das Compliance-Team prüft die Software normalerweise erst dann, wenn sie sich in der Entwicklung befindet.

Die Abhängigkeiten zwischen den Teams drohten Reibungen zu verursachen, die zu einer Verlangsamung der Arbeit oder zu einer falschen Ausrichtung hätten führen können. Um das Problem zu lösen, verlegten sich die beteiligten Expert*innen darauf, die Abhängigkeiten zu beseitigen, indem sie ihre Kräfte in einem Team bündelten, statt weitere Prozesse oder Dokumentationen zu erstellen.

Acht Wochen lang saßen die Vertreter*innen aus Compliance- und Rechtsabteilung mit den Ingenieuren*innen und den Produktspezialist*innen an einem Tisch, um das weitere Vorgehen zu planen. Die für die Technik Verantwortlichen stellten Fragen zur Intention des Gesetzes. Die Rechtsabteilung erläuterte. Die Compliance-Expert*innen stimmten zu. Manchmal drängte die Rechtsabteilung. Manchmal hielt die Technik dagegen. Schließlich einigten sich alle auf einen Plan.

Dank dieser Zusammenarbeit zwischen den entsprechenden Fachleuten konnte das Team Reibungsverluste und Fehltritte vermeiden, die sich negativ auf diese wichtige Aufgabe hätten auswirken können. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, ihr gemeinsames Ziel zu erreichen und Produktaktualisierungen zu liefern, die den Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung entsprachen und von denen die Kunden profitierten.

Scaling Agile #2: Abstimmung von Teams

Das Problem:
“Unsere Teams können sich nicht aufeinander abstimmen, weil sie nicht mit den gleichen Methoden arbeiten oder unterschiedliche Reporting-Tools nutzen.”

Entgegen der landläufigen Meinung geht es bei der Übernahme einer agilen Methodik selten um alles oder nichts. Während sich die Organisation als Ganzes auf ein Framework (z. B. SAFe oder Spotify) festlegen kann, passen die Teams die Methodik an ihre Arbeit an.

Doch entscheidend ist nicht allein der Wille zur Zusammenarbeit. Es kann vorkommen, dass Teams kein gemeinsames Vokabular verwenden und Schwierigkeiten haben, sich über den Stand ihrer Arbeit auszutauschen. Dies passiert häufig dann, wenn Teams, die normalerweise nicht zusammenarbeiten - wie z. B. die Rechtsabteilung und die Produktabteilung oder die Entwicklungsabteilung und die Finanzabteilung - an einem Projekt beteiligt sind, bei dem sie wichtige Informationen austauschen oder Feedback geben müssen.

Die Lösung:
Lege den Fokus darauf, den Fortschritt zu messen, und lass die Begrifflichkeiten beiseite.

Seien wir ehrlich: Es ist recht unwahrscheinlich, dass du Dutzende oder gar Hunderte von Teammitgliedern dazu bewegen kannst, sich abschließend auf genau EINE Definition von “Epic” oder “Story Point” zu einigen.

Das ist jedoch auch gar nicht notwendig. Skizziere einen Pfad für euer Vorhaben, der es ermöglicht, das Wesentliche immer im Blick zu behalten und zeitnah Feedback an die Führungsebene zu geben. Damit jedes Team die Arbeit der anderen Teams versteht, ist es an dir, nach Gemeinsamkeiten zu suchen und diese für alle verständlich herauszustellen. Und: Sorge dafür, dass Tools zur Verfügung stehen, die ein gewisses Maß an Integration und Interoperabilität bieten. Dadurch können alle – ungeachtet unterschiedlicher Methodiken oder Software – zeitnah auf wichtige Informationen zugreifen, neuen Input aufgreifen und ihre Arbeit daran anpassen.

Abhängigkeiten geklärt und Alignment hergestellt?

Du siehst: Die Herausforderungen sind nicht klein, aber mit dem richtigen Ansatz – bei dem auch die strategischen Ziele für alle greifbar gemacht und die Bedeutung der einzelnen Ergebnisse unterstrichen wird – kannst du sie im Zuge deiner agilen Skalierung meistern.

Im 2. Teil werden wir dann darauf eingehen, wie man im Vorfeld der Auslieferung geschickt agieren und wie ein gutes Reporting in Echtzeit für alle Beteiligten realisiert werden kann.

Quelle: Whitepaper “How to overcome dependencies, align teams, and deliver predictably” (2020), Atlassian

Wir begleiten deine agile Transformation – mit der perfekten Kombination aus Methode und Tooling!

Möchtest du mehr über die softwaregestützte Agile-Skalierung in großen Unternehmen wissen? Gerne sprechen wir mit dir über eure Anforderungen an ein unternehmensweites agiles Produktentwicklungs- und Produktmanagement-System. Mehr Informationen und den direkten Kontakt zu uns findest du unter: https://t4at-at-scale.de.

 

Weiterführende Infos

Agile at Scale – die Basics: Das Warum, Was und Wie der skalierten Agilität
LACE – die Rolle des Lean Agile Center of Excellence in der Scaled-Agile-Transformation
Agile Leadership und agile Transformation Teil 1
Agile Leadership und agile Transformation Teil 2