Serendipität und Führung ohne Strick und Peitsche im Intranet

Ein zufälliger Artikel über Serendipity, Zufälle, mein Autoradio, Social Intranet, Kommunikation und Führung - und was das miteinander zu tun haben kann.

Serendipität

Zu den Erfahrungen, die mich seit meinem Start mit dem Bloggen 2005 besonders prägten, gehört die der Serendipität:

Der Begriff Serendipität (englisch serendipity), gelegentlich auch Serendipity-Prinzip oder Serendipitätsprinzip, bezeichnet eine zufällige Beobachtung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich als neue und überraschende Entdeckung erweist.

(Wikipedia)

Plötzlich beobachte und erfahre ich etwas, nach dem ich nicht auf der Suche bin. Zum Bloggen gehört Lesen und Recherchieren. Dazu gehört auch, dass ein Blogger plötzlich einen Artikel über ein Thema schreibt, das ich von ihm gar nicht erwartet hatte. Oder dass ich einen Blogger kennenlerne, der mir neue Einblicke verschafft. (Vorab: Sie können "Blogger" hier auch durch "Mitarbeiter" ersetzen).1

Das Bloggen brachte mir bei, über den Tellerrand zu schauen (Thinking outside the box). Ganz besonders prägte sich mir das bei meinem ersten Barcamp 2007 in Frankfurt ein (Mein erstes Mal: BarCamp Frankfurt 2007). Gerade auf einer Unkonferenz wie am 20. September auf der iKoKo - Unkonferenz für interne Kommunikation und Kollaboration geschieht es automatisch und sehr spontan, dass man über den Tellerrand schaut. Ein kleines bisschen muss man schon dafür tun, wie beispielsweise in Sessions mit unbekannten Session-Gebern oder unbekannten Themen zu gehen. Manchmal mache ich das bewusst mit BarCamp-Roulette:

Nach einer Session (wie einem Vortrag oder einer Diskussion) im Raum sitzen bleiben, nicht auf den Session-Plan schauen und sich von der nächsten Session überraschen lassen.

Oft erfahre oder lerne ich dadurch sogar etwas, nach dem ich gar nicht suchte oder von dem ich gar nicht wusste , dass es das gibt. Wenn das Thema mich wirklich nicht interessiert, kann ich durch das Gesetz der Abstimmung mit den Füßen jederzeit in eine andere Session gehen. Doch seltsamerweise ist vieles dabei, was ich später verwenden kann - insbesondere, wenn ich nicht sklavisch an eine 1:1-Umsetzung, sondern auch an Analogien und Verknüpfungen denke.

Eine weitere Möglichkeit, die ich für Serendipität einsetze, ist mein Autoradio. Ich könnte in mein Auto einsteigen und einen Sender einschalten, der viel Mainstream-Musik gepaart mit gelegentlichen Informationshäppchen unter fünf Minuten bietet. Darunter fallen für mich beispielsweise SWR1, SWR3, HR1, HR3 oder einer der Sender von FFH oder RPR. Das sind die üblichen analogen Sender, die ich zuhause in Rheinhessen mehr oder weniger gut im Autoradio empfange - die aber im Wesentlichen immer wieder dieselben Songs dudeln und deren "News" oder "Reportagen" mir keinen Mehrwert bieten. Oder ich könnte Podcasts hören. Da ich jedoch meistens nur kurze Strecken mit dem Auto zurücklege (und ich längere Strecken meistens mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklege), höre ich im Auto keine Podcasts.

Doch zwei weitere Sender sind hier ebenfalls gut zu empfangen: HR2 und SWR2. Beides sind "Mischsender". Sie decken sowohl musikalisch als auch thematisch alles Mögliche ab. Wenn ich denn das Autoradio einschalte, dann wähle ich meistens einen dieser beiden Sender aus. Ich höre mir einfach kurz an, was da läuft, und lasse mich beispielsweise von klassischer Musik, Jazz, Blues oder von Reportagen oder Interviews überraschen.

Serendipität in Unternehmen

Unternehmen habenSerendipität jahrzehntelang unterdrückt. Serendipität tritt kaum auf, wenn man

  • den Zufall,
  • die Kommunikation über Hierarchie- und Silogrenzen hinweg und
  • die lockere Zusammenarbeit mit anderen (insbesondere Organisationsfremden)

ausschließt. Typischerweise tun Unternehmen dann alles dafür, dass jemand nur etwas von jemand anderem erfahren kann und darf, wenn dies durch Hierarchie und/oder Prozesse abgesegnet wird.

Problemen und Herausforderungen wird in solchem Umfeld nur mit bekanntem Wissen und bekannten Abläufen begegnet. Früher war oft noch Zeit für die Verantwortlichen, sich über ein Buch oder eine Konferenz oder einen Lehrgang im nächsten Halbjahr in ein Thema einzuarbeiten. Heute geht es darum, auf "plötzlich erscheinende" Impulse des Marktes oder auch der Organisation zu reagieren. Dann kommt es darauf an, möglichst schnell weitere Impulse aus dem eigenen Netzwerk zu gewinnen. Bücher oder starre Lehrgänge kommen zu spät und bieten dann kaum mehr relevante Inhalte. Wichtiger ist es, auf zufällige Beobachtungen zurückzugreifen, die man früher einmal ursprünglich nicht gesucht, aber dennoch gemacht hat, und die sich jetzt (oder damals bereits) als überraschende Entdeckungen erweisen.

Social Intranet

Ein Social Intranet beispielsweise bietet (wenn das Unternehmen es zulässt) viele Möglichkeiten zur Serendipität. Ein Activity Stream lässt Mitarbeiter Dokumente, Inhalte und Mitarbeiter entdecken, von denen sie nicht wussten, dass es sie gibt (siehe auch: Activity Streams: Drei Ansätze, wie sie im Unternehmen Sinn machen können). In Mitarbeiterprofilen lassen sich Interessen und Vorlieben hinterlegen. Gleiche Interessen lassen Mitarbeiter sich unabhängig von Position, Funktion und Hierarchie verbinden. Mitarbeiter können Themen, Interessen, Schlagwörter und Kollegen abonnieren und dadurch zufällig interessante Beobachtungen und Entdeckungen machen.

Das erfordert von Führungskräften und Mitarbeitern den Willen und oft auch den Mut, aus sich herauszugehen und etwas von sich preiszugeben. Doch nicht jeder Mitarbeiter muss beispielsweise eine Führungskraft im Unternehmen sein, um sich mit Führung zu beschäftigen. So gibt es in Deutschland immer noch 600.000 Vereine mit Vorständen, Trainern und anderen Führungspositionen. So kann es sich für Führungskräfte im Unternehmen lohnen, aus Beiträgen und Informationen zu lernen, die von außerhalb kommen. Zu einem Social Intranet gehört dann auch, dass Mitarbeiter Blog-Artikel oder kurze "Informationsschnipsel" über Inhalte aus dem Internet und aus den Erfahrungen außerhalb des Büros und außerhalb der Arbeitszeit teilen.

Führung ohne Strick und Peitsche

Zurück zunächst zu meinem analogen Autoradio. Am Morgen des 15. Junis stieg ich gegen 10 Uhr in mein Auto ein, um zu einem Termin zu fahren. Ich schaltete das Autoradio ein und auf SWR2. Dort lief ein Bericht über Hero Merkel.

Merkel ist Pferdetrainerin, trainiert Pferde für Filme wie den Tatort und gibt Workshops. Sie führt ihre Pferde ohne Strick und Peitsche. Sie setzt auf Kommunikation und Beziehungen, die besser als Stricke halten.

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Mehr Informationen

Mit 17 Jahren engagierte sie ein Tatort-Produzent als Pferdefilmtrainerin. Heute ist Hero Merkel 19 und ihre Pferde gehen im wahrsten Sinne des Wortes mit ihr durchs Feuer - bei Shows, Stunts, Ritterspielen oder auch bei Dreharbeiten für Film und Fernsehen. Sie lassen sich von Hero nur durch Körpersignale dirigieren, dabei imitiert sie die Pferdesprache. Wie mit einem unsichtbaren Band scheint Hero mit ihren Pferden verbunden. Es sei ein Beziehungsband, sagt sie, das halte besser als jeder Strick. Diese Beziehung bestehe aus einem komplexen Zusammenspiel von Führung und Freiräumen, Dominanz und Partnerschaft.

(Ohne Strick und Peitsche - Wie eine junge Frau Pferde für Show & Film trainiert)

Wenn Sie sich für Führung interessieren, dann nehmen Sie sich 25 Minuten Zeit für den Audiobeitrag (Wie eine junge Frau Pferde für Show & Film trainiert, auch als MP3-Download, ca. 23 MB).

Und beim Hören des Beitrags sollten Sie "Körpersignale" durch "Kommunikation" ersetzen. Und ersetzen Sie "Pferd" durch "Mitarbeiter" und "Kollege". Dann können Sie sehr viel über moderne Führung nicht nur für Pferde lernen. 😉

In Ihrem Social Intranet könnten Sie diesen Artikel mit solchen Schlagworten versehen:

  • Serendipity
  • Social Intranet
  • Führung
  • Management
  • Leadership
  • Kommunikation

Oder Sie könnten diesen Artikel einfach zufällig lesen, weil Sie Führungskraft sind und Sie die Nachrichten eines Mitarbeiters aus einer ganz anderen Abteilung abonniert haben (weil er Vorstand einer Wohltätigkeitsorganisation ist und "Führung" als ein Interesse angegeben hat).

Welche Erlebnisse mit Serendipität hatten Sie bereits?


  1. Es gibt sogar ein Blog-System mit dem englischen Namen Serendipity?
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ACHTUNG!
Unsere Blogartikel sind echte Zeitdokumente und werden nicht aktualisiert. Es ist daher möglich, dass die Inhalte veraltet sind und nicht mehr dem neuesten Stand entsprechen. Dafür übernehmen wir keinerlei Gewähr.

2 thoughts on “Serendipität und Führung ohne Strick und Peitsche im Intranet”

  1. Haha, ich wusste doch, dass ich Serendipität irgendwoher kenne… 🙂

    Hach, damals… als es noch dutzende etablierte Blog-Systeme gab

  2. Und zum Thema Vereine: Unsere studentische Gründer-Initiative hat sich vor ein paar Jahren direkt nach dem Start als Verein eintragen lassen… und wir “leiden” immer noch an eben jenem Problemfeld, welches Du angesprochen hast, – und natürlich generell an der hierarchischen Struktur.

    So nach dem Motto “function follows form”.

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