Entrepreneurship: Liebe das Problem, nicht die Lösung! (Teil 2)

Im ersten Teil des Artikels hat Ash Maurya zwei Fallgruben beschrieben, in die viele Entrepreneure tappen, wenn sie sich verfrüht in ihre Lösung verlieben, statt sich auf Kundenprobleme zu fokussieren. Hier sind zwei weitere Stolpersteine.

Der Fluch der Spezialisierung

Wenn ein Produkt wächst, fangen die Dinge an, bergab zu gehen. Um Probleme zu identifizieren und zu priorisieren, investieren wir in Metriken. Gute Metriken helfen, die undichten Stellen oder Flaschenhälse in unserem Geschäftsmodell zu enthüllen. Aber einfach das Team nach Lösungen für schlechte Metriken zu fragen, kann auch zu einer Lawine interner Feature-Requests im Backlog führen.

Hier ist ein weiteres Beispiel aus unserem LEANSTACK-Produkt.

Unsere Metriken, die die Komplettierungsrate neuer Lean Canvases abbilden (Aktivierung), fingen an, nach unten zu tendieren. Ich brachte das in unser wöchentliches Standup-Meeting ein, und dann geschah dies:

1. Mein Designer schlug vor, den Lean-Canvas-Erstellungs-Workflow zu vereinfachen.
2. Mein Entwickler schlug vor, dem Workflow mehr Features hinzuzufügen.
3. Und mein Marketing-Mann wollte Lebenszyklus-E-Mails implementieren, die User durch den Workflow leiten.

Bemerkenswert, wie die Voreingenommenheit des Innovators sich hier eingeschlichen hatte. Jeder von uns ist darauf trainiert, in einer bestimmten Disziplin besonders gut zu sein, und wenn wir mit einem Problem konfrontiert sind, greifen wir automatisch zu unseren jeweils stärksten Werkzeugen. Es ist keine Überraschung, dass mein Designer mit einer Design-Lösung ankam, mein Entwickler mit einer technischen Lösung und mein Marketer, es ist leicht zu erraten: mit einer Marketing-Lösung.

Statt in die Falle zu tappen, unsere strahlenden neuen Features kollektiv zu lieben, haben wir nach zu vielen überbauten Features gelernt, immer wieder zu den Grundprinzipien zurückzukehren. Wir suchen nach Evidenz für das Problem, bevor wir irgendeine Lösung formulieren oder vorschlagen.

Das Problem, allein auf Metriken zu setzen, besteht darin, dass sie uns zwar sagen können, was schief läuft, oft sagen sie uns aber nicht, warum. Um zu diesem Warum vorzustoßen, müssen wir in der Regel ein Lernexperiment durchführen. Statt automatisch eine UX-Lösung einzukaufen, haben wir uns in diesem Fall dazu entschieden, Usability-Tests mit neuen Nutzern durchzuführen. So konnten wir UX-Probleme als Grund für die Abnahme hinsichtlich der Aktivierungsraten ausschließen. Wir deckten etwas ganz anderes auf, das uns zu einer anderen Lösung führte, die funktionierte.

Fallgrube: Metriken können uns nur sagen, was schief läuft, aber nicht, warum, und unser Team wird eine "andere gute Idee" haben, wie man das fixen kann.
Gegenmittel: Liebe das Problem, nicht die Lösung.

Fehlschläge vermeiden

Niemand von uns mag es zu scheitern, aber wenn ich an die Vermeidung von Misserfolgen denke, erinnert mich das oft an "Per Anhalter durch die Galaxis":

Es ist eine Kunst oder vielmehr ein Trick zu fliegen. Der Trick besteht darin, dass man lernt, wie man sich auf den Boden schmeißt, aber daneben. (...) Zweifellos ist es dieser zweite Teil, nämlich das Verfehlen, der Schwierigkeiten bereitet.
– Douglas Adams

Wir verwenden so viel Zeit darauf zu versuchen, Fehlschläge zu vermeiden, dass wir daran scheitern, das Folgende zu erkennen: Misserfolg ist eine notwendige Voraussetzung für Durchbrüche.

Wenn wir ein Experiment durchführen und nur das validieren, von dem wir bereits erwartet haben, dass es passiert, können wir uns selbst auf den Rücken klopfen, aber es hat keinen Durchbruch gegeben. Nur durch die Erkundung des Unerwarteten können wir Durchbrüche erreichen. Die Felder der Naturwissenschaft und der Wirtschaft sind gleichermaßen gespickt mit Geschichten solcher versehentlicher Durchbrüche: Penicillin, Röntgenstrahlung, Post-it-Notizen, Klettverschluss usw.

Bahnbrechende Einsichten liegen oft in fehlgeschlagenen Experimenten verborgen.

Fehlschläge sind zu erwarten, wenn wir neue Dinge in Angriff nehmen. Es gibt einen Grund dafür, dass der Hockeyschläger-Kurve am Anfang flach verläuft. Der Trick besteht darin zu lernen, dass unser Weg in Richtung Durchbruch versus Misserfolgsvermeidung dreigleisig ist:

1. Die großen, absturzartigen Arten von Misserfolgen vermeiden, indem kleine, schnelle, additive Experimente durchgeführt werden.
2. Das Wort Fehlschlag aus unserem Vokabular streichen. Ich bevorzuge den Begriff "unerwartete Ergebnisse".
3. Schließlich: Jedem unerwarteten Ergebnis nachgehen, um das Warum zu verstehen.

Ein Pivot, der nicht auf Gelerntem fußt, ist eine getarnte Schau'n-mer-mal-Strategie.

Fallgrube: Vor Fehlschlägen wegzulaufen, verzögert wirkliche Durchbrüche nur.
Gegenmittel: Liebe das Problem, nicht die Lösung.

Eine letzte Sache für den Weg

Bevor Sie gehen, möchte ich Ihnen noch eine letzte Sache mit auf den Weg geben. Wir geben eine Mange Lippenbekenntnisse über Beharrlichkeit und Stehvermögen ab. Aber Beharrlichkeit und Stehvermögen allein bringen uns nicht weit, wenn wir einfach versuchen, mit Brachialgewalt und nach dem Zufallsprinzip an unserer Lösung zu arbeiten.

Mit einer Lösung anzufangen, ist wie einen Schlüssel anzufertigen, ohne zu wissen, welche Tür er öffnen wird. Wir können versuchen, unsere Schlüssel an jeder Menge Türen auszuprobieren – oder wir können mit der Tür beginnen, die wir öffnen wollen. Wenn wir uns in das Problem (statt in unsere Lösung) verlieben, fangen wir an, Schlüssel für Türen anzufertigen, die tatsächlich zu neuen Orten führen.

Dieser Artikel wurde im Original am 11. August 2016 unter dem Titel Love The Problem, Not Your Solution von Ash Maurya veröffentlicht. Ash Maurya gehört zu den führenden Köpfen der internationalen Gründerszene und ist einer der renommiertesten Experten für Lean Startup und Customer Development. Die Website seines Unternehmens LEANSTACK und seinen Blog erreichen Sie unter http://leanstack.com. Mehr Fachartikel bietet unser Lean-Special.

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