Vom Intranet übers Extranet zum Kollaborationsnetz

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Reine Intranets gehören zunehmend der Vergangenheit an. Selbst explizite Extranets wird es immer weniger geben. Gefragt sind heutzutage flexible Möglichkeiten der Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg.

Social Extranet

Es war einmal...

Als ich vor etwa 20 Jahren zum ersten Mal mit dem Thema Intranet in Kontakt kam, steckte die Technik noch in ihren Anfängen. Viel Handarbeit war gefragt, ständig mussten Fehler behoben oder sogar Inhalte programmiert werden. Vor allem waren Intranets in der Praxis geschlossene Umgebungen, von denen außerhalb des Unternehmens (oder sogar der Abteilung) niemand etwas mitbekam und auch nicht mitbekommen sollte. Inhalte wurden zentral gepflegt und dann den Nutzern angezeigt. Für den User gab es zunächst keine Möglichkeit, Inhalte einzustellen oder zu pflegen.

So war die Möglichkeit, dass Externe auf diese Inhalte zugreifen oder sie sogar verändern konnten, zwar theoretisch formuliert, doch tatsächlich kam das nicht vor. Abgesehen von den technischen Hürden sahen dies die Unternehmen als Ganzes sowie die jeweiligen Vorgesetzten als abwegig an. Warum sollten Externe (also Nutzer außerhalb des Unternehmens) die internen Informationen sehen oder sogar Informationen hinzufügen können?

In den neunziger Jahren waren die Austauschmöglichkeiten mit Externen die Briefpost, das Telefon, das Fax und doch schon einmal E-Mail. Dabei gab es bereits die Überlegung des Extranets (und vereinzelt existierten die Systeme tatsächlich schon). Im Jahr 2003 schaffte es dieser Begriff dann in die deutschsprachige Wikipedia:

Ein Extranet beruht auf der gleichen Technik wie das Internet, kann jedoch nur von einer festgelegten Gruppe von Menschen genutzt werden. Extranets findet man zumeist bei großen Firmen, die ihren Kunden aktuelle Informationen (Beschreibungen von Produkten, Preislisten) bereitstellen wollen, ohne dass diese Dokumente auch von der Konkurrenz eingesehen werden können.

Aber auch die Bundesregierung betreibt ein Extranet. Hier können angemeldete Journalisten Dokumente einsehen, die im Internet-Angebot nicht veröffentlicht werden.

Die E-Mail

In der allgemeinen Praxis spielten Extranets allerdings keine Rolle. Doch die weitere Verbreitung der E-Mail-Nutzung offenbarte gnadenlos ihre Schwächen:

  • E-Mails landen in den Posteingängen der jeweiligen Benutzer und verschwinden in der Historie. Erst ein mehr oder weniger systematisches Suchen holt sie wieder hervor.
  • E-Mails bieten keinen Kontext zu anderen Inhalten, außer vielleicht zu den angehängten Dateien.
  • Angehängte Dateien sind - genauso wie der E-Mail-Inhalt selbst - Momentaufnahmen beim jeweiligen Benutzer. Änderungen an Inhalten spiegeln sich nicht in den verschickten E-Mails wider.
  • Änderungen von unterschiedlichen Nutzern widersprechen sich im Zeitablauf. Es muss immer jemanden geben, der unterschiedliche Änderungen in einer neuen E-Mail oder Dokumentversion konsolidiert.
  • Änderungen und Konsolidierungen führen zu vielen Nachfragen, die Antworten führen wiederum zu weiteren Änderungen und zu weiteren Nachfragen.
  • Der Empfängerkreis eines E-Mail-"Diskussionsbaums" (Thread) wechselt ständig. Manchmal wird eine Person des bisherigen Empfängerkreises vergessen, eine E-Mail wird an eine weitere, zusätzliche Person weitergeleitet, beim Antworten wird versehentlich statt auf "Allen antworten" auf "Antworten" geklickt. Üblicherweise gibt es nach wenigen Antworten unterschiedliche Informationsstände.
  • Nicht nur dass E-Mails Momentaufnahmen sind: Neu hinzugekommene Personen haben keine Einblicke in die Historie und in die Hintergründe, warum Inhalte sich zum aktuellen Stand entwickelt haben. Wechselt eine Person (Mitarbeiter verlässt das Unternehmen, wird durch Nachfolger ersetzt) oder kommt eine neue Person hinzu (für ein Thema wird das Know-how eines weiteren Experten benötigt), dann muss entweder jemand eine Zusammenfassung an diese Person schicken (wobei immer etwas vergessen wird) oder jemand muss alle bisherigen E-Mails an die neue Person weiterleiten.

Das Kommunikationsmedium E-Mail wurde innerhalb des Unternehmens recht früh als miserable Option erkannt, wenn es um Zusammenarbeit geht. Und innerhalb von Organisationen waren Intranets inzwischen auch so weit fortgeschritten (zumindest von den technischen Möglichkeiten her), dass sich bessere Möglichkeiten auftaten (Wiki, CMS etc.). Aber für den Austausch über Unternehmensgrenzen hinweg blieb die E-Mail lange Zeit die einzige (wenn auch fatale) Lösungsmöglichkeit.

Die Zusammenarbeit im Wandel

Bald waren die Probleme in bestimmten Unternehmen, die sehr viel projektbasiert arbeiteten, so groß, dass schließlich doch mit Extranets gearbeitet wurde. Anfangs waren dies oft einzelne und spezielle Server in der Demilitarisierten Zone des Unternehmensnetzwerks. Die Zugriffe mussten speziell und aufwendig eingerichtet werden. Für ein großes Projekt, bei dem beispielsweise drei oder vier Unternehmen eine gemeinsame Ausschreibung über lange Zeit hinweg erarbeiten mussten, wurde dieser Aufwand in Kauf genommen.

Doch oft und immer häufiger zeigte sich auch in kleineren Projekten die Notwendigkeit, jederzeit auf gemeinsame und aktuelle Informationen zugreifen beziehungsweise diese bearbeiten zu können. Insbesondere in der Zusammenarbeit mit Agenturen (Webdesign, Marketing, Kommunikation) lief dies letztlich auf eine fast alltägliche Zusammenarbeit im Tagesgeschäft hinaus. Oft war die Technik allerdings recht umständlich und administrativ aufwendig einzurichten, und die verschiedenen Anforderungen der Rechts- und Compliance-Abteilungen sorgten für zusätzliche Komplikationen.

Die Mitarbeiter "wurschtelten" sich dann irgendwie durch, um eine arbeitsfähige Lösung zu finden. Nicht immer wurde dann auf alle Sicherheitsaspekte geachtet (und manchmal ließ man sie ganz außen vor). Hauptsache, die Arbeit wurde mit möglichst wenig Aufwand, gut und zeitgerecht erledigt - auch wenn das System nur ein separater PHP-Server mit ein paar Skripten bei der Agentur war.

Inzwischen finde ich den Begriff "Extranet" allerdings veraltet. Denn es ist immer seltener der Fall, dass ein "extra Netz" zwischen Unternehmensnetzen benötigt wird. Auf der technischen Ebene mag die Formulierung passend sein, doch aus Benutzer- und Anwendersicht werden "einfach" zusätzliche Berechtigungen für Unternehmensexterne benötigt, um auf Dateien, Verzeichnisse, Inhalte und Dienste zuzugreifen. Für die Zusammenarbeit ist es sogar oft unerheblich, ob es sich dabei um einen Mitarbeiter eines anderen Unternehmens oder um mehrere Mitarbeiter aus unterschiedlichen Organisationen sowie weitere Selbstständige handelt. Wichtig ist dabei vor allem, dass die Berechtigungsvergabe (sowie deren Entzug oder Änderung) durch fachlich Verantwortliche ad hoc (oder auch "on demand") vorgenommen werden kann.

Viele heutige Intranets oder Anwendungen haben diese Möglichkeiten schon "eingebaut". Wer etwa zur Kommunikation einer Projekt- oder Tagesgeschäftsgruppe eine Anwendung wie Hipchat bzw. Stride, Slack oder Mattermost einsetzt, der fügt einfach eine weitere Person hinzu, wenn es die Arbeit erfordert. Umfänglichere Lösungen wie Googles G Suite haben solche Möglichkeiten bereits eingebaut. Auch andere "Suiten" wie Atlassians Software-Entwicklungs- und Kollaborations-Tools (beispielsweise Confluence) lassen sich derart einsetzen, dass innerhalb kürzester Zeit eine Gruppe von Personen über Unternehmensgrenzen hinweg zusammenarbeiten kann.

Zwar wird es noch einige Zeit lang Unternehmen geben, die ausschließlich mit dedizierten Intranets arbeiten, doch in den nächsten Jahren werden Organisationen zunehmend darauf setzen, ein flexibles Kollaborationsnetz zu schaffen, mit dem ihre Mitarbeiter jederzeit und flexibel mit Mitarbeitern anderer Unternehmen zusammenarbeiten können.

Frank Hamm ist Berater für Kommunikation und Kollaboration und unterstützt Unternehmen bei ihrem Weg in der digitalen Transformation. Seit 2005 schreibt er im INJELEA-Blog über Social Business, Intranet, Enterprise 2.0 und Unternehmenskommunikation. Hamm ist bekennender Nexialist und begleitet seine Beobachtungen als Der Schreibende. Weitere Artikel von Frank Hamm finden Sie in unserem Intranet-Special.

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